Wessen Schutz?

Tom Strohschneider über rechten Terror und Geheimdienste

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Ende 1980 wurden der Rabbiner Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke erschossen. In Erlangen, in ihrer Wohnung, mutmaßlich durch einen Neonazi, angeblich ein Einzeltäter, der nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden konnte. In dem Fall sind bis heute viele Fragen offen, unter anderem, ob und wie sehr der politische Geheimdienst verstrickt war. Noch immer scheint der Verfassungsschutz vor allem darum bemüht, seine Verantwortung zu vertuschen. Mit Lügen, mit Hilfe von Aktengesetzen. Mit dem Verweis auf »Quellen- und Methodenschutz«.

Das Muster im Fall Shlomo Lewin ist dasselbe wie im Fall der rechtsterroristischen NSU-Mordserie: Es sind institutionelle Logiken, wegen derer neonazistische Verbrechen nicht verhindert, nicht aufgeklärt, vertuscht werden. Die Unfähigkeit, wenn nicht: die Untätigkeit, sogar: die Mutwilligkeit, mit der da eine Behörde agiert, hilft objektiv rechtsradikalen Tätern. Dazu muss solches der einzelne Beamte nicht einmal wollen. Aber: Was werden wir demnächst (nicht) erfahren darüber, wie nah der Verfassungsschutz dran war am rechtsradikalen Offizier Franco A.? Wann müssen wir das nächste Mal darüber berichten, dass zwar der Geheimdienst allerlei wusste, jedoch wieder nicht gegen rechtsradikale Gewalt einschritt - um angeblich sich und seine Methoden zu schützen?

Der Ruf nach Auflösung des Verfassungsschutzes mag ausgeleiert klingen. Ihn nicht zu erheben ist fahrlässig. Das Schweigen schützt ein System, welches Menschenleben zum Preis hat.

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