Spanien: Sozialistische Partei wählt Linkskurs
Basis der PSOE macht den »Putsch« der Parteirechten rückgängig und wählt Pedro Sánchez erneut zum Generalsekretär
Die Überraschung ist Pedro Sánchez geglückt: Er wurde am Sonntag bei der Urwahl unter den Mitgliedern der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei (Partido Socialista Obrero Español, PSOE) erneut zum Generalsekretär gewählt. Dabei kam Sánchez auf mehr als 50 Prozent der Stimmen und deklassierte die bisherige Chefin und Regionalpräsidentin Andalusiens, Susana Diáz.
Gänzlich abgeschlagen blieb der Baske Patxi López, der nur auf knapp 10 Prozent kam. Diáz erhielt nicht einmal 40 Prozent. Sie wurde stets als Favoritin gehandelt und glaubte fest an ihren Sieg. Der Schlag war ihr denn auch deutlich ins Gesicht geschrieben.
Hinter Diáz standen fast alle Regionalfürsten der Partei, der Parteiapparat, die Altpräsidenten – allen voran Felipe González - und auch der parteinahe Medienkonzern Prisa mit dem Aushängeschild »El País«, der größten Tageszeitung Spaniens. Und »El País« ätzt auch jetzt weiter gegen Sánchez und vergleicht seinen Erfolg mit dem »Brexit« oder mit dem »Sieg von Trump« in den USA. Die Zeitung meint, nun stehe der PSOE ein Debakel wie dem französischen Sozialdemokraten Benoît Hamon bevor. Dass der dafür abgestraft wurde, dass sein Vorgänger François Hollande an der Regierung seine Versprechen gebrochen hatte und nach rechts geschwenkt war, spielt in dieser Gleichsetzung keine Rolle.
Die Überraschung besteht nicht darin, dass Sánchez sich durchgesetzt hat, sondern wie deutlich er gegen die geballten internen Mächte gewonnen hat. Denn er lag bei den Unterstützerunterschriften noch klar hinter Díaz. Eigentlich hatte kaum jemand damit gerechnet, dass er die absolute Mehrheit erhält. Ein erstes Alarmzeichen war aber, dass die Differenz bei den Unterstützerunterschriften deutlich geringer als erwartet ausfiel. Díaz erhielt in neun Regionen sogar weniger Stimmen als zuvor Unterschriften. Das deutet darauf hin, dass aus dem Apparat massiv Druck auf Mitglieder ausgeübt wurde, die Andalusierin mit Namen und Ausweisnummer zu unterstützen. Als diese Mitglieder nun am Sonntag geheim abstimmen konnten, ohne Angst vor Repressalien, wählten viele Sánchez. Der bekam mit gut 74.000 Stimmen fast 22.000 mehr Stimmen als zuvor Unterschriften.
Mit ihrem Votum hat die Parteibasis das rückgängig gemacht, was viele vor sieben Monaten als »Putsch« bezeichnet hatten. Sánchez war im Herbst zum Rücktritt gedrängt worden. Die Parteirechte hatte, angeführt von Altpräsident González und Díaz, einen Krieg gegen ihn losgetreten, Denn Sánchez wollte ein alternatives Bündnis mit der Linkspartei Podemos (Wir können es) bilden und am Wahlversprechen sowie Beschluss der Parteiführung festhalten, unter keinen Umständen erneut den konservativen Mariano Rajoy an die Macht zu bringen.
Durch Enthaltung setzte die Interimsführung nach seinem Sturz aber durch, dass die von Korruption zerfressene Volkspartei (PP) erneut regieren kann. Für viele PSOE-Kader ist die postfaschistische PP - trotz der vielen Skandale – weiter kein braunes Tuch, für sie ist eher Podemos ein rotes Tuch.
Die spanischen Linksparteien haben Sánchez umgehend gratuliert. Sie hoffen nun, dass er sich sofort der Aufgabe widmet, den rechten Rajoy wieder zu stürzen. Dazu passend kündigte der alte und neue Generalsekretär noch am Sonntag an: »Wir werden den Wählerwillen umsetzen.« Sánchez will der Korruption den Garaus machen und die Lage der breiten Bevölkerung verbessern, die weiter unter dem Austeritätskurs leidet. So ist es auch kaum verwunderlich, wenn der Ciudadanos-Chef Albert Rivera davon spricht, dass die Entscheidung »nicht gut« ist und die PSOE nun in Richtung »extreme Linke« abwandere. Die rechte PP spricht sogar von einem »Unglück für Spanien«.
Der Misstrauensantrag gegen Rajoy, den Podemos angesichts immer neuer Korruptionsskandale am vergangenen Freitag im Parlament eingebracht hat, hat nun etwas größere Erfolgschancen. Allerdings würde es auch ausreichen, wenn sich die PSOE nun geschlossen bei der anstehenden Verabschiedung des Haushalts querstellt, um die Konservativen zu stürzen und eine Linksregierung nach dem erfolgreichen portugiesischen Vorbild zu bilden. Klar ist aber auch, dass Sánchez in seiner Partei aufräumen muss, in der der Apparat und die Regionalfürsten die Strippen ziehen und mächtig genug sind, um den Parteichef gegen den Willen der Basis abzusetzen. Er will deshalb die Statuten ändern, damit dies nur die Basis bestimmen kann. Sie soll insgesamt mehr Mitspracherechte bekommen.
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