Libyen: Verheerende Zustände in Internierungslagern
Hilfsorganisation prangert vor Gesprächen zur politischen Zukunft die angespannte Lage im Land an
Berlin. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtet von verheerenden Zuständen in den sieben Internierungslagern in der libyschen Hauptstadt Tripolis. In solchen Lagern hält Libyen tausende Flüchtlinge fest, die auf dem Weg in die EU abgefangen wurden, teilweise auch im Mittelmeer. Viele von ihnen stammen aus Syrien oder Somalia. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) kritisiert auch die Politik der Europäischen Union, aus Seenot gerettete Geflüchtete nach Libyen zurückzubringen.
»Die Zustände für Schutzsuchende in den libyschen Internierungslagern sind entwürdigend. Eine Rückführung von Menschen, die auf ihrer Flucht über das Mittelmeer aufgegriffen werden, ist und bleibt vollkommen ausgeschlossen«, sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland.
Die Teams der NGO vor Ort berichten von überfüllten Zellen, Mangelernährung der Internierten und Gefangenen, die tagelang nichts zu essen bekommen. In den ersten drei Monaten des Jahres 2017 behandelten sie in mehr als 4000 medizinischen Untersuchungen Geflüchtete, Migranten und Asylsuchende, wie sie am Dienstag mitteilte. Ärzte ohne Grenzen lehne die willkürliche unbefristete Inhaftierung von Geflüchteten in Libyen ab und fordere die EU auf, die Rückführung von aus Seenot Geretteten nach Libyen zu stoppen.
UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi hatte bereits am Sonntag nach dem Besuch eines Internierungslagers in Tripolis Libyen zur Freilassung internierter Geflüchteter und Asylsuchender aufgerufen. »Kinder, Frauen und Männer, die bereits viel gelitten haben, sollten nicht solche Schwierigkeiten ertragen müssen«, sagte Grandi. Es müssten »andere Lösungen« für die Menschen gefunden werden, die vor Konflikten wie in Syrien und Somalia auf der Flucht seien.
In Brüssel treffen sich an diesem Dienstag Vertreter des Libyen-Quartetts. Beteiligt sind neben der EU, die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union und die Arabische Liga. Die Runde will die Bemühungen für einen politischen Neuanfang im Bürgerkriegsland Libyen unterstützen. nd/Agenturen
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