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Impfberatung soll Pflicht werden

Bundesgesundheitsminister fordert Weitergabe von Daten impfmuffeliger Eltern durch die Kitas

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Bundesregierung will entschiedener gegen Impfmuffel vorgehen - lehnt eine Impfpflicht aber weiter ab. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums hervor. Demnach müssen Kitas jene Eltern, die bei der Anmeldung keinen Nachweis über eine Impfberatung vorlegen können, künftig beim Gesundheitsamt melden. Die Behörde soll so die Möglichkeit bekommen, auf die Eltern zuzugehen und sie zur Beratung zu laden.

Damit sollten nicht unbedingt strikte Impfgegner, sondern vor allem jene Familien erreicht werden, die die Impfungen vergessen oder auch weiteren Beratungsbedarf hätten, sagte am Freitag eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Zudem gebe es auch viele Erwachsene mit Impflücken: Es bestehe die Hoffnung, dass man diese Erwachsenen mit einer Impfberatung erreiche und sie zum Nachimpfen anregen könne.

Der Nachweis einer Impfberatung bei der Kita ist seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes Mitte 2015 Pflicht. Wer sich weigert, dem droht bereits heute eine Geldbuße in Höhe von 2500 Euro. Die Kitas konnten bislang aber selbst entscheiden, ob sie Eltern, die keine Impfberatung belegen können, beim Gesundheitsamt melden.

Am vergangenen Wochenende war es in Deutschland zum ersten Masern-Todesfall des Jahres gekommen. Eine 37 Jahre alte Frau in Essen starb trotz intensivmedizinischer Behandlung. Die Frau war als Kind einmal geimpft worden, was den damaligen Empfehlungen entsprach, wie der Leiter des Gesundheitsamtes, Rainer Kundt, am Dienstag sagte. Dies habe jedoch offenbar nicht ausgereicht.

Eine Impfpflicht, wie sie Italien gerade eingeführt hat, schloss Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) aus. Die Impfpflicht in Italien gilt für zwölf Krankheiten, darunter Masern, Tetanus, Kinderlähmung, Mumps, Keuchhusten und Windpocken. Gröhe geht davon aus, dass Masern in Deutschland aber auch ohne Impfpflicht verbannt werden können. Die Masernzahlen schwanken von Jahr zu Jahr stark: So gab es 2016 in Deutschland 325 Fälle und 2015 knapp 2500 Fälle. 2001 etwa waren es allerdings über 6000. Nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission sollen Säuglinge die erste Masernimpfung zwischen 11 und 14 Lebensmonaten erhalten, die zweite dann zwischen 15 und 23 Monaten.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) unterstützt die geplante Verschärfung der Impfberatungspflicht. Eine Sprecherin ihres Ministeriums sagte am Freitag in Berlin, es werde allen Eltern empfohlen, ihre Kinder impfen zu lassen und die Impfberatung zu nutzen. Dass Kitaleitungen Daten künftig an die Gesundheitsämter übermitteln müssten, sorge für Klarheit und könne das Vertrauensverhältnis zwischen Kitaleitung und Eltern sogar verbessern. Bisher wüssten Eltern nämlich nicht, ob eine Kita ihre Daten ans Gesundheitsamt gebe oder nicht.

Die Änderungen sollen am Donnerstag im Bundestag abschließend beraten werden. Der Bundesrat lehnte in einer Erklärung die Datenübermittlung durch Kitas ab. Agenturen/nd Kommentar Seite 2

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