Dortmunds Trainer vor dem Aus
In dieser Woche wird über die Zukunft von Thomas Tuchel beim BVB entschieden
Thomas Tuchel ließ sich nicht frustrieren. Er hätte allen Grund dazu gehabt. Nur wenige Minuten, nachdem er mit Dortmunds Fußballern den DFB-Pokal überreicht bekommen hatte, wurde er schon wieder gefragt, ob er denn Trainer der Borussia bleiben würde. Viel Zeit zum Feiern wurde ihm nicht gegeben. Andere reagieren in solchen Momenten gereizt, Tuchel nicht. Er blieb wie immer rational und unaufgeregt. Er warte die Gespräche mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke diese Woche ab. Die seien ergebnisoffen, denke er.
Tuchel hat Dortmund trotz neu formierter Mannschaft, vieler Verletzungen und des Anschlags auf den Teambus im April in die Champions League und zum Pokalsieg geführt. Dass da überhaupt über den Trainer diskutiert wird, ist befremdlich. Zumal er gern bleiben würde: »Ich möchte den Vertrag bis 2018 erfüllen, will aber auch nicht naiv erscheinen«, sagte der 43-Jährige, der als Spieler nie über die 2. Liga hinausgekommen war. Er kennt das Geschäft aber und weiß, dass Verträge kaum noch etwas wert sind. Wenn eine Seite nicht mehr will, finden sich Wege. Er selbst war einst vorzeitig aus seinem Kontrakt mit dem FSV Mainz ausgestiegen, den er zwei Mal in den Europapokal geführt hatte.
Diesmal scheint der Klub nicht mehr zu wollen. Dafür werden öffentlich keine sportlichen Gründe angeführt, es gäbe ja auch keine. Doch Watzke nimmt Tuchel übel, dass er zwar nicht direkt nach dem Anschlag der Neuansetzung des Champions-League-Spiels gegen Monaco schon am nächsten Tag widersprochen habe – nach der folgenden Niederlage dann aber doch. Angeblich ein öffentlicher Vertrauensbruch.
Tuchel ist ein Intellektueller, introvertiert, kopfgesteuert. Ihm sei es unangenehm, wenn die Fans seinen Namen rufen. »Da wird aber nichts Böses draus«, entgegnet er jenen, die darin Schlechtes oder Langweiliges sehen. Da er durch diese Eigenschaften, gepaart mit Direktheit, aber beim Chef aneckt und bei der Mannschaft nicht den Wunsch weckt, ihn behalten zu wollen, scheinen seine Tage in Dortmund wirklich gezählt. Es wäre ein Armutszeugnis.
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