Werbung

Der Putz fällt in Stücken von der Fassade

Zehn Schulen muss Steglitz-Zehlendorf für über zehn Millionen Euro sanieren. Wie konnte es soweit kommen?

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Clemens-Brentano-Grundschule hat nicht nur ein Schulgebäude, sondern gleich sechs. Das Gelände teilt sich auf in sechs Häuser, fünf von ihnen sind denkmalgeschützt und über 100 Jahre alt. Man braucht die weißen Wände über den klinkerverputzten Fassaden nur etwas genauer anschauen, da sieht man, dass der Putz in großen Stücken von der Fassade fällt - ein Bauschaden, der nie durchgängig saniert worden ist, sagen die, die an der Schule arbeiten und mit ihren Namen nicht in der Zeitung stehen wollen.

Die Grundschule findet sich auf der Liste der Schulen wieder, die die Bildungsverwaltung im März veröffentlichte. 3,9 Milliarden Euro Sanierungsbedarf an Berliner Schulen stellte der von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) veranlasste Gebäudescan fest, davon 1,6 Milliarden Euro akute Fälle. 30 Schulen wiesen einen Sanierungsbedarf von über zehn Millionen Euro aus, zehn davon stehen in Steglitz-Zehlendorf. Spitzenreiter ist das Schadow-Gymnasium in Zehlendorf mit über 20 Millionen Euro aufgestauten Kosten. Die Übersicht der Bildungsverwaltung offenbart, dass der Bezirk im Südwesten fast 345 Millionen Euro Sanierungsstau geschaffen hat - sieben Mal mehr als Bezirke wie Neukölln, Treptow-Köpenick oder Lichtenberg.

Eine Anfrage des SPD-Politikers Joschka Langenbrinck bei der Finanzverwaltung im April hatte ergeben, dass der Bezirk wesentlich weniger für die schulische Bauunterhaltung ausgegeben hatte: Er lag 6,7 Prozent unter dem Durchschnitt. Spitzenreiter war Lichtenberg, das 10,3 Prozent mehr Geld ausgab als die übrigen Bezirke.

Maren Schellenberg (Grüne) ist erst seit November 2016 Stadträtin für Immobilien in Steglitz-Zehlendorf. Sie hat eine ganz eigene Theorie, warum der Bezirk so weit abgeschlagen liegt: Beim Erfassen des Sanierungsbedarfs habe ihr Bezirk eben vieles als Priorität I angegeben, was andere Bezirke hintenangestellt hätten. Und noch eine zweite These hat sie, warum der Sanierungsbedarf hier so hoch ist: »Wir haben große, alte Schulgebäude, wie das Schadow-Gymnasium. Die Technik ist dort nicht mehr gut.« Auch wegen des Denkmalschutzes schnellten die Kosten in die Höhe. Bereits in diesem Jahr, so versprach es der rot-rot-grüne Senat im April, werden 830 Millionen Euro für Schulsanierung und Neubau ausgegeben. Schellenberg freut sich über das Geld, das der Senat schon im März bewilligt hatte: Die Gelder für bauliche Unterhaltung sind in ihrem Bezirk von sechs auf über neun Millionen Euro gestiegen, für die Sanierung von Schul- und Sportanlagen von fünf auf über acht Millionen Euro. Das Problem: Es muss bis Dezember dieses Jahres ausgegeben werden. »Wir hoffen, dass wir das hinkriegen«, sagt Schellenberg. Denn auch hier fehlt das Personal.

Alles über zehn Millionen Euro will der Senat teils mit Krediten einer noch zu gründenden Landesgellschaft zahlen. Bis Ende Juni sollen die Bezirke melden, welche Arbeiten zwischen fünf und zehn Millionen Euro sie selbst tragen können. »Das sollen sie ehrlich sagen«, sagt Eva Henkel, Sprecherin der Finanzverwaltung. Welche Fälle sie meldet, weiß Schellenberg noch nicht. Sie wartet noch auf die Information, ob der Senat das Geld zur Verfügung stellt, oder selbst baut. »Wenn der Bezirk das Schadow-Gymnasium sanieren will, sag’ ich: Bitte, hier ist der Schlüssel.« Sie hat aber die Befürchtung, dass andere Schulen priorisiert werden: »Es kann nicht sein, dass unsere Schulen auf die lange Bank geschoben werden. Dann machen wir's lieber selbst.«

An der Clemens-Brentano-Grundschule kommt derweil Bewegung in die Sache: Die Toiletten wurden gerade saniert, im Juni beginnen die Bauarbeiten an der Wand.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.