Zuviel Strom - Kunden zahlen kräftig drauf

Im Nordosten kosteten Abschaltungen von Wind- und Solarparks bei Netzüberlastung 2016 rund 30 Millionen Euro

  • Iris Leithold, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Abschaltung von Windrädern, Solar- oder Biomasseanlagen wegen überlasteter Stromnetze hat im vergangenen Jahr in Mecklenburg-Vorpommern deutlich zugenommen und die Verbraucher rund 30 Millionen Euro gekostet. Dem jüngsten Bericht der Bundesnetzagentur zufolge lag Mecklenburg-Vorpommern mit einem Ausfall von 317,6 Gigawattstunden auf Platz drei im Vergleich der Bundesländer nach Schleswig-Holstein und Brandenburg.

Die Entschädigung, die den Anlagenbetreibern wegen der Abschaltungen zusteht, schätzte die Bundesnetzagentur für Mecklenburg-Vorpommern auf knapp 30 Millionen Euro. Im Jahr 2015 hatte der Ausfall an Stromproduktion wegen Abschaltungen noch 264,7 Gigawattstunden betragen, die Entschädigungszahlungen wurden auf knapp 25 Millionen Euro geschätzt.

Ort für Hummer

Bremerhaven. Offshore-Windparks liefern Energie – und können möglicherweise dem Europäischen Hummer einen neuen Lebensraum bieten. Das legen Ergebnisse eines Projekts des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) nahe. An vier Anlagen im Windpark »Riffgat« vor Borkum setzten AWI-Forscher 2400 Hummer aus. Ein Jahr später zeigte sich, dass mindestens drei Prozent des Bestands an den Stellen geblieben waren. dpa/nd

Die Entschädigungen werden auf die Netzentgelte umgelegt, die der Verbraucher mit der Stromrechnung bezahlt. Sie sind regional sehr unterschiedlich. In fünf Bundesländern - Hessen, Hamburg, Berlin, Bremen und Saarland - sind voriges Jahr gar keine Entschädigungen wegen stillstehender Windräder und ausgeschalteter Solartafeln fällig geworden. In Sachsen waren es nur rund 80 000 Euro nach gut einer Million Euro 2015.

In Mecklenburg-Vorpommern sind die Netzentgelte hoch und im ländlichen Raum noch einmal höher als in Städten. Die energiepolitische Sprecherin der LINKEN im Landtag, Mignon Schwenke, forderte von der SPD/CDU-Landesregierung eine Regelung, um diese Kosten wenigstens innerhalb des Landes solidarisch zu verteilen. »Es kann und darf nicht einfach tatenlos hingenommen werden, dass die Bevölkerung in den ländlichen Räumen, die die Anlagen vor der Haustür hat, deutlich höher belastet ist als die Menschen in den Städten.«

Der SPD-Landtagsabgeordnete Philipp da Cunha erklärte hingegen, die unterschiedlichen Netzkosten in Stadt und Land resultierten nicht aus den erneuerbaren Energien, sondern aus der dichteren Besiedelung in den Städten. Das mache die Anbindung ans Stromnetz günstiger.

Bundesweit gingen 2016 die Abschaltungen wegen Netzüberlastung um ein Viertel zurück, wie aus dem Bericht des Bundesnetzagentur hervorgeht - von 4722 auf 3743 Gigawattstunden. Die Entschädigungsansprüche für 2016 beliefen sich bundesweit geschätzt auf 373 Millionen Euro nach 478 Millionen Euro im Jahr davor.

Ungeachtet der gegenläufigen Entwicklung im Nordosten lobte Landesenergieminister Christian Pegel (SPD), dass sich die Einspeisung erneuerbarer Energien ins Stromnetz im Land erheblich verbessert habe. Die Übertragungsnetze im Nordosten seien 2016 kaum überlastet gewesen. Wegen Engpässen in den Übertragungsnetzen muss der Bundesnetzagentur zufolge aber nur ein sehr geringer Teil der Abschaltungen vorgenommen werden. Die meisten werden demnach wegen Überlastung der Verteilnetze nötig.

Die AfD im Landtag attackierte Pegel wegen dessen Lobes hart angesichts der wachsenden Entschädigungen für Anlagenbetreiber, die der Verbraucher aufzubringen hat. »Wer die Öffentlichkeit so an der Nase herumführt, Halbwahrheiten verbreitet und unliebsame Fakten unter den Tisch fallen lässt, ist als Minister schlicht eine Fehlbesetzung«, sagte der energiepolitische Sprecher der größten Oppositionsfraktion, Ralf Borschke. Der Landesregierung sei offensichtlich fast jedes Mittel recht, um die Energiewende als Erfolg zu verkaufen. dpa/nd

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