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Keinen Bock auf Merkel und Co.

Sieben Tage, sieben Nächte: Gabriele Oertel erklärt, warum viele Deutsche das Interesse an der Politik verloren haben

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Meinungsforschungsinstitut YouGov ergab, dass drei Viertel aller Bürger die politische Stimmung in diesem Land brisanter als vor ein paar Jahren bewerten. Immerhin noch mehr als die Hälfte findet, dass deutlich mehr über Politik diskutiert wird als vor vier Jahren. Es müssten eigentlich spannende und herausfordernde Zeiten für all jene Menschen sein, die in Abgeordnetenbüros und Plenarsälen einen Großteil ihrer gut bezahlten Lebenszeit verbringen. Anderswo ist das ja tatsächlich der Fall: in Großbritannien zum Beispiel oder in Frankreich. Da wird gestritten und gefightet, dass die Fetzen fliegen, da gibt es echte Varianten, zwischen denen sich der Wähler entscheiden muss. Doch hierzulande herrscht reichlich drei Monate vor der Bundestagswahl gespenstische Ruhe.

Offenbar hat die von Angela Merkel oft beschworene Alternativlosigkeit große Teile des Politbetriebes gelähmt. Beruhigung scheint oberste Devise, um die brisanter gewordene Stimmung und größere Diskussionsfreude des Wahlvolkes im Griff zu behalten. Verschlechterte transatlantische Beziehungen - eine Kleinigkeit, die die Kanzlerin in einem bayerischen Bierzelt abhandelt. Zu wenig soziale Gerechtigkeit - keine Sorge, Martin Schulz hat ein Rentenkonzept. Mehr als sechs Milliarden für die Atomindustrie - null Problem, die zahlt der Finanzminister aus der Portokasse.

Mit den guten alten Stanzen soll den Wählern über alle Ängste und Verunsicherungen hinweggeholfen werden. Sie verwischen gleichzeitig mehr und mehr die inhaltlichen Unterschiede, mit denen man normalerweise im Wahlkampf für die eigenen Konzepte streitet. »Wir sind auf gutem Wege« und wollen »Deutschland nach vorn bringen«, tönt es unisono aus Union wie SPD. »Gut aufgestellt« sind Parteien in diesem Lande sowieso immer, Haltelinien gibt es inzwischen in allen Farben. Und wenn der eine Regierungspartner den anderen auffordert, »endlich zu liefern«, ist das nahezu schizophren, weil beide genau das in der Kompromisssoße der Großen Koalition längst verlernt haben und - auch so ein Langweiler - »am Ende des Tages« womöglich wieder für Jahre »gemeinsam Verantwortung übernehmen«.

Kein Wunder, dass die Langzeit-Kanzlerin gelassen ihrer vierten Wahl entgegenblickt und ihr fulminant gestarteter Herausforderer zusehends kraftloser erscheint. Und schon gar kein Wunder, dass immer mehr Normalsterbliche ziemlich satt sind. Jedenfalls wurde in der eingangs zitierten Studie auch ermittelt, dass sich nur ein Fünftel der Deutschen als politisch sehr interessiert sieht. Die große Mehrheit hat höchstens mittelmäßig oder gar keinen Bock auf Politik. Zumindest nicht auf die, die ihr seit Jahren alle Tage vorgespielt wird.

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