Von der europäischen Spitzenklasse ins Niemandsland

Mit dem Rückzug der Volleyballerinnen des Köpenicker SC aus der Bundesliga endet eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte in Berlin

Jahrzehntelang waren die Dynamo-Volleyballerinnen zusammen mit dem damaligen SC Traktor Schwerin das Aushängeschild des Spitzenvolleyballs der Frauen in der DDR. Die Berlinerinnen feierten von 1962 bis 1991 20 Meistertitel, zuletzt 1991 als SC Berlin. Zudem konnte drei Mal der Europacup der Pokalsieger gewonnen werden.

Als es nach der Wende finanziell immer weiter bergab ging, fusionierte die Ostberliner Dynamo-Mannschaft mit dem Westberliner Team des TSV Rudow 1888. Zusammen setzten die Erfolgsserie beim Dynamo-Nachfolgeverein CDJ Berlin (Christliches Jugenddorf Deutschland) immerhin in Maßen fort: mit zwei deutschen Meistertiteln (1993 und 1994) und vier deutschen Pokalgewinnen (1992 bis 1995). Sportlicher Höhepunkt war schließlich 1993 der erneute Sieg im Europacup der Pokalsieger.

Neun Jahre lang bestimmte CDJ Berlin das Volleyballgeschehen weitgehend mit. Doch weil zum Christlichen Jugenddorf längst kein Bezug mehr bestand und von dort auch kein Geld floss, wurde 1999 eine Umbenennung in Volley Cats Berlin beschlossen. Damit aber begann der Katzenjammer des bis dahin auch europäische Spitzenklasse verkörpernden Frauenvolleyballs in der Hauptstadt.

Missmanagement, der Rückzug der Sponsoren, verfehlte Transferpolitik und ständige Trainerwechsel beherrschten fortan die Schlagzeilen. Nicht nur sportlich ging es für den Verein schrittweise bergab. Finanzielle Klimmzüge mit einem bis auf 800 000 D-Mark abgespeckten Gesamtetat konnten schließlich nicht die Insolvenz des Vereins im Jahr 1999 verhindern - obwohl ein Viertel des Etats über den Berliner Senat aus Lotteriegeldern gekommen war.

Kaum einer redete nun noch vom Berliner Frauenvolleyball. Zwar war von 2002 bis 2005 vorübergehend der Berlin-Brandenburger VC 68, der aus dem insolventen VC 68 Eichwalde hervorgegangen war, ins Oberhaus aufgerückt. Aber erst als der Köpenicker SC auf der Bildfläche erschien, gab es wieder ernsthafte Hoffnungen auf Spitzenvolleyball in der Hauptstadt. Der Verein aus dem Südosten Berlins, der auch eine gezielte Nachwuchsarbeit betrieb und in der Hochzeit rund 200 Kinder und Jugendliche betreute, hatte sich aus dem Amateurbereich bis nach oben vorgearbeitet und bestritt 2005/2006 seine erste Saison in der 1. Bundesliga. Dort etablierte sich der KSC zwölf Jahre lang, ohne allerdings für besondere Schlagzeilen zu sorgen. Aber: Berlin war endlich wieder erstligaklassig.

Doch damit ist es nun endgültig vorbei. Am 31. Mai 2017 - zum letzten Stichtagstermin der Meldefristen der Vereine - zog sich der KSC aus der 1. Bundesliga zurück und meldete auch für keine andere Spielklasse. »Trotz aller Bemühungen war es uns bis zum äußersten Zeitpunkt nicht gelungen, für die bevorstehende Erstligasaison in ausreichendem Maße Unternehmen für eine finanzielle Unterstützung der Mannschaft zu gewinnen«, sagt Catrin Peters, Geschäftsführerin der Spielbetriebs-GmbH. »Wir sind Klinken putzen gegangen, haben Briefe an Sponsoren geschrieben und vieles für die Rettung unternommen.« Doch das alles habe nicht gereicht, um in einer Stadt ohne ausreichende Basis für den Frauenvolleyball für eine nachhaltige finanzielle Beteiligung zu sorgen, erklärt die enttäuschte Geschäftsführerin.

Man habe beim KSC besonders in den vergangenen zwei Jahren den Erstligavolleyball intensiv organisiert, finanziert und begleitet, zuletzt mit dem achten und neunten Tabellenplatz Erfolge gefeiert und einigen Berliner Talenten den Zugang zur ersten Liga ermöglicht. »Mit diesem Rückzug wird es auf absehbare Zeit keine 1. Bundesliga mehr im Köpenicker Volleyball geben«, so das traurige Fazit von Geschäftsführerin Peters.

Inzwischen sind die Spielerinnen der Erstligamannschaft längst zu anderen Vereinen aufgebrochen. Trainer Manuel Rieke, seit Sommer 2016 beim Köpenicker SC, hatte schon lange vor dem Ende der Saison das Weite gesucht. Dem 34-Jährigen, der als Spieler mit dem einstigen SCC Berlin (heute BR Volleys) 2003 und 2004 deutscher Meister geworden war, war klar gewesen, dass er künftig als KSC-Trainer nicht mehr bezahlt werden kann.

Zumindest in einem Punkt ist der Rettungsplan des Köpenicker SC noch kurz vor Ultimo aufgegangen: Für die in der 2. Bundesliga Nord spielende zweite KSC-Frauenmannschaft wurde eine ordnungsgemäße Spielrechtübertragung auf den Berlin-Brandenburger SC (BBSC) für die nicht mehr zum Profibereich gehörende Dritte Liga Nord genehmigt. Künftig spielt dann also der KSC II als BBSC II drittklassig.

Fest steht jedenfalls: Auch weiterhin wird es keinen Frauen-Spitzenvolleyball in Berlin geben. Das hiesige Talentpotenzial - gefördert durch das Nachwuchszentrum VC Olympia Berlin - hat schon in der Vergangenheit keine durchschlagende Wirkung auf den Berliner Frauenvolleyball erzielt. Denn die meisten Spielerinnen im Jugend- und Juniorenalter verließen aufgrund der geringen sportlichen Perspektive Berlin und gingen stattdessen zu anderen Bundesligisten.

Dieser Trend wird nun erst recht weitergehen, weil es in Berlin überhaupt keinen Erstligisten mehr gibt. Vielleicht, so bleibt zumindest zu hoffen, kann eines Tages der gerade in die 2. Bundesliga aufgerückte Drittligist Berlin-Brandenburger SC die vom Köpenicker SC hinterlassene Lücke schließen. Bis dahin bleiben alte Zeiten ein Traum.

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