EU startet Verfahren gegen Ungarn, Polen und Tschechien

Alle drei Mitgliedstaaten haben keinen einzigen Flüchtling aus Umsiedlungsprogramm aufgenommen / Tschechien und Ungarn bleiben stur / Slowakei umgeht Mahnung und Klage

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Brüssel. Wegen der Ablehnung der Flüchtlingsaufnahme leitet die EU-Kommission gegen Ungarn, Polen und Tschechien Vertragsverletzungsverfahren ein. Das Gremium beschloss am Mittwoch in Straßburg ein rechtliches Vorgehen gegen die drei Länder, das zu Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und empfindlichen Geldbußen führen kann. Grund für das Verfahren ist die Weigerung, sich an einer 2015 in der EU beschlossenen Umverteilung von Asylsuchenden aus den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland zu beteiligen.

Polen, Ungarn und Tschechien haben bisher jeweils noch keine einzige Person aus dem Programm aufgenommen, in dessen Rahmen seit 2015 insgesamt 160.000 Flüchtlinge innerhalb der EU umgesiedelt werden sollten – und sich auch nicht verpflichtet, dies in Zukunft zu tun. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte in den letzten Wochen bereits angekündigt, dass die Kommission ein Verfahren einleite werde. In einem Vorverfahren kann die EU-Kommission Mahnschreiben und eine Stellungnahme an die betreffenden Staaten richten. Wird die Vertragsverletzung nicht beseitigt, kann es zur Klage kommen, diese kann nach einem längeren Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg in Geldstrafen münden.

Bis zum 9. Juni 2017 wurden laut EU-Kommission circa 21.000 Menschen umgesiedelt (rund 7000 aus Italien, rund 14.000 aus Griechenland). Das Tempo habe sich aber erst innerhalb dieses Jahres massiv beschleunigt. Die EU-Innenminister hatten im September 2015 gegen den Widerstand mehrerer osteuropäischer Länder die Umverteilung von 120.000 Asylbewerbern aus den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland beschlossen. Sie sollten bis September 2017 nach einem Quotensystem in andere Mitgliedstaaten gebracht werden. Bereits zuvor hatten sich eine Reihe von Mitgliedstaaten freiwillig verpflichtet, 40.000 Flüchtlinge aufzunehmen.

Tschechien stellt sich stur, die Slowakei umgeht das Verfahren

Tschechien bleibt im Streit um die Flüchtlingsaufnahme mit der EU-Kommission stur. Ungeachtet eines drohenden Vertragsverletzungsverfahrens beharrt die Regierung in Prag darauf, keine Flüchtlinge mehr auf Grundlage von EU-Quoten aufzunehmen. Das sagte Regierungschef Bohuslav Sobotka am Dienstag der Nachrichtenagentur CTK. »Wir sind als Regierung fest entschlossen, an der Flüchtlingsaufteilung und dem System der verpflichtenden Quoten nicht teilzunehmen«, sagte der Sozialdemokrat.

Drohungen aus Brüssel wie zuletzt von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sah Sobotka gelassen: »Falls irgendein Verfahren gegen die Tschechische Republik eröffnet werden sollte, sind wir darauf vorbereitet, unsere Position zu verteidigen und Argumente auf den Tisch zu legen, warum der Weg der verpflichtenden Quoten verkehrt ist.« Er glaube daher nicht, dass Tschechien wegen seiner Weigerung irgendwelche Sanktionen drohten, sagte Sobotka.

Die Slowakei lehnt die verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen anhand von Quoten zwar auch ab und hat wie Ungarn dagegen geklagt. Dank der jüngsten Aufnahme einer kleinen Zahl von Flüchtlingen ist Bratislava jedoch als einziges der vier Länder der sogenannten Visegrad-Gruppe derzeit nicht von einem ähnlichen Verfahren bedroht.

Ungarn kündigt Widerstand an, Wien will jetzt an Programm teilnehmen

Die ungarische Regierung kündigte Widerstand gegen den Kommissionsbeschluss an. Budapest betrachte die Eröffnung von Vertragsverletzungsverfahren in der Frage »als Erpressung und uneuropäisch«, sagte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto am Dienstagvormittag vor dem Parlament. Seine Regierung werde »niemandem erlauben, illegal nach Ungarn einzureisen«. Ungarn hat wie die Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Verpflichtung zur Flüchtlingsaufnahme geklagt.

Neben Polen und Ungarn nahm auch Österreich bisher keinen Asylbewerber auf. Die Regierung in Wien hatte bis März dieses Jahres wegen eigener hoher Flüchtlingszahlen zunächst eine Ausnahmeregelung erwirkt. Wien hat nun aber zugesagt, Flüchtlinge aufzunehmen. Agenturen/nd

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