Dem Druck standgehalten
Mit einem Sieg gegen Portugal sichern sich die deutschen Handballer den Gruppensieg in der EM-Qualifikation
Bob Hanning sprach im Hochgefühl des vorzeitigen Gruppensieges schon vom erneuten Titelgewinn bei der Europameisterschaft, doch die Stützen der deutschen Handball-Nationalmannschaft hatten erst mal nur ihren Urlaub im Kopf. »Ich bin froh, dass die Saison endlich vorbei ist«, sagte Kreisläufer Hendrik Pekeler nach dem Kraftakt von Portugal: »Jetzt ist es einfach mal an der Zeit abzuschalten. Für den Körper, aber vor allem für den Kopf.«
Weil der deutschen Mannschaft der erste Platz in Gruppe 5 nach fünf Siegen in fünf Spielen der EM-Qualifikation nicht mehr zu nehmen ist, schickte Bundestrainer Christian Prokop am Donnerstag gleich fünf seiner Stars, darunter neben Europameister Pekeler auch Kapitän Uwe Gensheimer, in den lang ersehnten Urlaub. Im abschließenden Spiel am Sonntag in Bremen gegen die bislang punktlosen Schweizer kann sich das Team sogar eine Niederlage erlauben, ohne die optimale Ausgangsposition für die EM-Auslosung am 23. Juni zu gefährden.
Mit solch einem Szenario rechnet beim Deutschen Handballbund allerdings niemand. Zu (willens-)stark und zu souverän spulte die DHB-Auswahl in der Qualifikation bislang ihr Pensum ab. Zwar konnte der Arbeitssieg im portugiesischen Gondomar nicht mit den zeitweise berauschenden Auftritten Anfang Mai gegen Slowenien mithalten. Doch als es in der Schlussphase darauf ankam, mobilisierten Gensheimer und Co. am Ende einer Mammutsaison mit bis zu 75 Pflichtspielen in den zurückliegenden zehn Monaten noch einmal ihre letzten Kräfte. »Den Gruppensieg zu holen war auch unser Anspruch, aber so ein Spiel hier mitzunehmen, bedeutet sehr viel für die Köpfe«, sagte Gensheimer. Und Coach Prokop verneigte sich angesichts der Energieleistung seines Teams: »Dass wir am Ende einer Saison das noch umgedreht haben, nötigt mir Respekt ab.«
Respekt verdient vor allem die Arbeit des Bundestrainers. Nach dem bitteren Achtelfinalaus bei der Weltmeisterschaft übernahm Christian Prokop im Frühjahr das zuvor so erfolgreiche Team von Dagur Sigurdsson - und sorgte trotz lautem Getöse und leiser Kritik für einen reibungslosen Übergang. Seinen ersten Auftrag »EM-Qualifikation« löste er mit Bravour. Alle drei Pflichtspiele unter dem 38-Jährigen wurden gewonnen - mit dem Kantersieg beim WM-Dritten in Slowenien (32:23) sorgte er sogar schon für ein echtes Glanzlicht.
Und so zog Verbandsvize Hanning ungeachtet des noch ausstehenden Qualifikationsabschlusses am Sonntag schon mal ein positives Fazit dieser Länderspielsaison. »Grundsätzlich muss die Bilanz der Saison überragend ausfallen«, sagte der 49-Jährige. Mit Olympiabronze in Rio sei ein »sehr guter Start« gelungen: »Und die EM-Qualifikation mit dem Gruppensieg ist mehr als gut gelaufen.« Vor allem bei den kniffligen Auswärtsspielen in Slowenien und jetzt in Portugal habe die Mannschaft »dem Druck standgehalten«.
Und Hanning wäre nicht Hanning, wenn er nach der perfekten Qualifikation für die Europameisterschaft nicht schon die nächsten großen Ziele proklamieren würde. »Natürlich ist es die Titelverteidigung«, sagte der 49-Jährige mit Blick auf die EM-Endrunde im Januar in Kroatien: »Das ist doch ganz klar, dass man davon träumt, noch mal so erfolgreich zu sein.« SID/nd
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