Unabhängige Kontrollen gefordert

Opposition legt Sondervotum zum Abgas-Untersuchungsausschuss vor

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die Opposition im Bundestag ist es der »größte Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik«. Auch deshalb pochen LINKE und Grüne als Konsequenz aus dem Abgasskandal auf grundlegende Änderungen der staatlichen Aufsicht. Einer der gravierendsten Fehler sei, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sowohl für die Genehmigung neuer Fahrzeugtypen als auch für die anschließende Überwachung zuständig sei, sagte der Vorsitzende des Abgas-Untersuchungsausschusses, Herbert Behrens (LINKE). Grünen-Obmann Oliver Krischer kritisierte, das bestehende System sei kläglich gescheitert: »Wir brauchen endlich eine unabhängige Kontrolle.« Übernehmen könnte dies das Umweltbundesamt, so die Oppositionspolitiker, die am Mittwoch in Berlin ihr Sondervotum für den Abschlussbericht des Ausschusses zum Abgasskandal vorlegten. Der Abschlussbericht soll an diesem Donnerstag an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben werden.

57 Zeugen hat der Ausschuss seit September gehört, darunter den über den Abgasskandal gestürzten VW-Chef Martin Winterkorn sowie Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Gremium sollte klären, was die Bundesregierung seit 2007 mit Blick auf Abgasregeln unternommen hat und wann sie von Manipulationen erfuhr.

Behrens hielt Behörden und Ministerien »organisiertes Wegschauen« vor, da Hinweisen nicht nachgegangen worden sei. »Eine funktionierende Überwachung der Hersteller durch die zuständigen Behörden fand genauso wenig statt wie eine Kontrolle durch das Bundesverkehrsministerium«, kritisierte Behrens. »Für Autos mit verdächtigen Abgaswerten muss der Verkehrsminister den Rückruf anordnen. Und alle um- und nachgerüsteten Fahrzeuge müssen von unabhängigen Prüfinstituten nachgemessen werden«, forderte er für die im Skandal aufgeflogenen Fahrzeuge. Zukünftig müsse das Verfahren im normalen Typgenehmigungsverfahren angewendet werden. »Kein Hersteller soll sich sicher sein können, dass manipulierte Fahrzeuge nicht im normalen Fahrbetrieb entdeckt werden können«, sagte Behrens gegenüber »nd«.

Krischer bekräftigte den Vorwurf des »organisierten Staatsversagens«: Der Skandal hätte ihm zufolge verhindert werden können, hätten deutsche Behörden angemessen gehandelt. »Die Bundesregierung war über erhöhte Abgaswerte im Realbetrieb der Fahrzeuge seit langem informiert, interessierte sich aber nicht für deren Ursachen«, so Krischer. Er warf Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, Ergebnisse amtlicher Nachmessungen zum klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß aus »Bundeswohl« seit Monaten unter Verschluss zu halten. »Wir haben es hier mit dem größten Industrieskandal seit Jahren zu tun. Wir haben Millionen betrogene Autofahrer. Wir haben mehr als 10 000 vorzeitige Todesfälle in Deutschland. Wir haben eine Autoindustrie, die vorm größten Strukturwandel steht. Das alles ist durch Dieselgate zwar nicht ausgelöst, aber verstärkt worden«, sagte Krischer am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD sehen in ihrer Bewertung dagegen keine Versäumnisse der Bundesregierung beim VW-Skandal. Verkehrsminister Dobrindt hatte als Konsequenz einen »Schadstoff-Anti-Doping-Tests« vorgeschlagen. Für die Opposition ist dies nicht mehr als ein »Phantom«. Ohnehin könnten diese Tests eine dauerhafte, regelmäßige, transparente und umfassende Feldüberwachung nicht ersetzen.

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