Gallischer Bonzenflughafen

Parlament spricht sich gegen die Offenhaltung Tegels aus

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Zum Volksentscheid zur Offenhaltung Tegel war im Vorfeld eine harte Debatte im Abgeordnetenhaus erwartet worden. Und tatsächlich beharkten sich am Donnerstag im Plenum des Landesparlaments die Regierungsfraktionen SPD, Linkspartei und Grünen kräftig mit den Oppositionsparteien CDU, AfD und FDP. »Verstehen Sie es bitte, dass dieser Flughafen wie ein gallisches Dorf gegen ihre Verkehrspolitik trotzt«, sagte der Fraktionsvorsitzende der FDP, Sebastian Czaja, dessen Partei den Volksentscheid zur Zukunft Tegels maßgeblich mit vorbereitet hat. Czaja sagte dem Senat eine Niederlage für den Abstimmungstermin am kommenden 24. September voraus. »Sie wollen nicht auf das Herz dieser Stadt hören.« Aus Sicht der FDP ist es möglich, sowohl den BER als auch Tegel als Flughäfen zu betreiben.

Dieser These der selbst ernannten »Tegel-Retter« widersprach Rot-Rot-Grün vehement. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die für den Senat in der Debatte redete, verwies auf die weitreichenden negativen Konsequenzen, den ein Weiterbetrieb Tegels zur Folge habe. Zudem stehe Rot-Rot-Grün für Verlässlichkeit: »Der Senat hält sich an den Konsensbeschluss von Berlin, Brandenburg und dem Bund«, erklärte Pop. In dem sogenannten Konsensbeschluss aus dem Jahr 1996 hatten sich die beiden Bundesländer und der Bund darauf verständigt, dass Schönefeld der Standort des Berliner »Single Flughafens« werden soll.

Neben rechtlichen Bedenken stand für die Mitte-Links-Regierung aber auch die wirtschaftliche Zukunft Tegels im Mittelpunkt. Die freiwerdenden Flächen sollen nämlich für den Wohnungsbau genutzt werden sowie die Errichtung eines Technologie- und Forschungsparks, in dem laut der Grünen-Fraktionsvorsitzenden, Antje Kapek, 20 000 Arbeitsplätze entstehen könnten. Mit 250 Hektar Fläche würde außerdem der zweitgrößte Park Berlins entstehen. Würde Tegel dagegen offengehalten werden, dürfte Tegel zu einem Flughafen der Mächtigen und Militärs werden, weil alle Airlines an den BER ziehen, sagte Kapek. Und: »Berlin braucht keinen Bonzenflughafen, sondern Platz zum arbeiten, leben und wohnen.«

Immer wieder kontrovers unter den Parlamentariern diskutiert wurde auch die Frage, ob es rechtlich überhaupt möglich wäre, Tegel als Flughafen weiterzubetreiben. Während die FDP auf entsprechende Gutachten verwies, konterte LINKE-Fraktionschef Udo Wolf: »Nach heutigem Recht würde, da sind sich alle Experten nahezu einig, ein innerstädtischer Flughafen nicht mehr genehmigt werden.« Auch die LINKE verwies auf die Blockade eines riesigen innerstädtischen Areals, das dann nicht entwickelt werden kann. »Die Berliner sollen die Risiken tragen, während die Privaten Gewinne machen«, kritisierte Wolf mit Blick auf einen möglichen Weiterbetrieb des Flughafens in Tegel.

Diese Kritik war aber auch vor allem auf die CDU gemünzt, die derzeit einen Mitgliederentscheid zur Tegel-Offenhaltung durchführt. Dass die Union damit möglicherweise von ihrer alten Haltung abrückt, Tegel zu schließen, wurde in der Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus immer wieder aufgegriffen. Der Vizefraktionsvorsitzende der SPD, Jörg Stroedter, warf der CDU unter anderem vor, der »Populisten-Koalition« hinterherzulaufen. Gemeint waren FDP und AfD. Es gab jedoch Appelle aus den Regierungsfraktionen an die CDU, die alte Position zu bewahren. Wie aufgeladen die Debatte ist, zeigte sich auch an zahlreichen persönlichen Polemiken und Vorwürfen. Stark umstritten war auch, was eine mögliche Offenhaltung eigentlich für finanzielle Konsequenzen haben würde. »Ehrliche Zahlen«, mahnte FDP-Fraktionschef Czaja an. Die Koalition verwies auf die vor einigen Tagen von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) aufgemachte Rechnung, nach der ein Doppelbetrieb Tegels und des BER pro Jahr 200 Millionen Euro kosten würde. Hinzu kämen Kosten für den Schallschutz der 300 000 betroffenen Berliner, die vom Fluglärm betroffen sind. Dazu gehen die Schätzungen von 400 Millionen Euro bis zu zwei Milliarden Euro weit auseinander.

Die verschiedenen Argumente werden in den kommenden Monaten bis zum Volksentscheid immer wieder gewälzt werden, ob und wie sie bei den Berliner verfangen, wird sich am 24. September zeigen.

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