Stadt im Ausnahmezustand
Am Tag nach den unwetterartigen Starkregenfällen kämpft Berlin mit den Folgen
Geflutete Keller und Verspätungen - nach dem starken Unwetter vom Donnerstag hielt der Regen am Freitag weiterhin an. Am Morgen meldete die Feuerwehr weitere 200 Einsätze aus der Nacht. Insgesamt musste sie rund 1650-mal zu wetterbedingten Einsätzen ausrücken. »Berlin kommt nicht zur Ruhe«, twitterte die Feuerwehr am Vormittag, die den Ausnahmezustand weiter aufrecht erhielt. »Die aktuelle Lage lässt keine Aufhebung zu«, sagte Sprecher Björn Radünz.
Hauptprobleme seien am Freitag weiterhin vollgelaufene Keller und U-Bahn-Stationen gewesen. »Dazu kommt dann noch das ganz normale Tagesgeschäft der Feuerwehr mit Rettungswageneinsätzen«, sagte Radünz. Die Feuerwehr bittet weiterhin darum, die Helfer bei Kellerüberschwemmungen nur zu rufen, wenn das Wasser höher als fünf Zentimeter steht.
Auch der Bundestag hielt den Wassermassen nicht stand. Wie schon einige Male zuvor betraf es das Jakob-Kaiser-Haus, in dem Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (LINKE) eine Dusche abbekam. Als sie aus einem Auszug trat, ergoss sich ein Schwall Wasser auf sie. Auch das Abgeordnetenhaus blieb nicht dicht: Über ein Glasdach sickerte Wasser in das Gebäude des ehemaligen Preußischen Landtages ein.
Im öffentlichen Nahverkehr hielten die massiven Behinderungen am Freitag an. Die U-Bahnlinie 9 musste wegen diverser Wasserschäden zwischen dem Zoologischen Garten und dem Walter-Schreiber-Platz gesperrt werden. Dort setzten die Verkehrsbetriebe (BVG) einen Pendelverkehr mit Großraumtaxen ein. Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf überflutete der Regen in der Nacht zum Freitag im U-Bahnhof Biesdorf-Süd eine Unterführung, so dass die U-Bahnlinie 5 bis in den späten Mittag dort nicht halten konnte. Erst gegen 13.30 Uhr liefen alle Strecken wieder plangemäß.
Dass das Unwetter auch mit Humor genommen werden kann, zeigte die BVG-Werbekampagne »Weil wir dich lieben«. Über Twitter schrieben Mitarbeiter: »Trotz der aktuellen Wetterlage werden wir unseren Fährverkehr nicht auf die Innenstadt ausweiten.«
Am Flughafen Tegel lief seit 6 Uhr der Betrieb wieder normal. In der Nacht hätten dort rund 180 gestrandete Fluggäste übernachtet, teilte ein Flughafensprecher mit. Für sie wurden Feldbetten aufgestellt.
Auch der Straßenverkehr war am Freitag weiterhin betroffen. Die Stadtautobahn 111 etwa musste wegen Überschwemmungen der Fahrbahn und in Tunnels streckenweise wiederholt gesperrt werden. Auf der A 100 gab es nach teilweisen Sperrungen bis in die Nacht hinein am Freitag keine Probleme mehr, hieß es seitens der Polizei.
Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) teilte derweil mit, dass durch die unwetterartigen Starkregenfälle mit erheblichen Verunreinigungen der Berliner Badegewässer zu rechnen sei. Die Einspülung von Regenwasser und zum Teil ungeklärten Abwässern führe erfahrungsgemäß zu einer erhöhten Belastung mit Krankheitserregern. Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sei bis auf weiteres empfohlen, in den Berliner Gewässern nicht zu baden.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) dankte den Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren und dem Technischen Hilfswerk. Das sehr gute Zusammenspiel habe dazu geführt, dass die Lage jederzeit unter Kontrolle gewesen sei, sagte der Innensenator. »Jetzt hoffe ich für uns alle, dass der Regen erst mal aufhört und die Feuerwehr wieder zur Normalität zurückkehren kann.« Mit Agenturen
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