Gute Nacht in Hamburg?

Egal ob Staatsgast oder obdachlos: Wie man sich bettet, so schläft man

  • René Heilig, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Anders als viele, die zum Protest nach Hamburg kommen, haben offizielle Vertreter von G20 in der Regel keine Freunde, Kumpels und Verwandte, bei denen sie nach mühsamen Verhandlungen die Füße ausstrecken und ihr müdes Haupt zur Ruhe betten können. Das ist die Stunde der noblen Hotels, deren Rechnungen die jeweiligen Delegationen selbst zahlen müssen. Seit dem Mittwochmittag hat die Polizei einige zu Hochsicherheitszonen erklärt. Wer rein darf, entscheidet der jeweilige Einsatzleiter.

Angela Merkel samt Tross kommen im »Kempinski« an der Außenalster unter. Auch Justin Trudeau, Kanadas junger Premierminister sowie die Gäste aus Indien haben da gebucht. Klar ist, dass im »Vier Jahreszeiten« nur geduldet ist, wer zur saudischen Königsfamilie gehört. Oder für sie arbeitet. Saudi-Arabien hat das Haus komplett gebucht. Zwar hat der König seine Teilnahme am Gipfel abgesagt, doch sein Finanzminister Mohammed al-Dschadan ist ja auch nicht ganz ohne Einfluss in der arabischen Welt.

Mit einem besonderen Blick wird man jene betrachten, die ins »Sofitel« einziehen. Hier schlägt der türkische Präsident Reep Tayyip Erdogan seine »Zelte« auf. Hoffentlich ohne jene Leibwächter, die beim jüngsten Staatsbesuch in Washington auf Demonstranten eingeprügelt haben. Viel sichtbare Abwehrbereitschaft ist auch vor dem »Park Hyatt« installiert worden, denn auch Russlands Präsident Wladimir Putin hat wohl mehr Feinde als Freunde in Hamburg.

Xi Jinping, Chinas Präsident, der am Mittwoch in Berlin gerade noch mit Merkels Assistenz zwei Panda-Bären als Sympathiebotschafter eingestellt hat, hat ein Obdach im »Grand Elysée« bestellt. Eigentlich, so möchte man meinen, wäre das genau jener Ort, der für den neuen französischen Napoleon errichtet wurde, doch der logiert mit seiner Frau und den Beratern im »Mövenpick« am Hamburger Schanzenpark.

Und Trump? Offiziell hat der noch kein Quartier in der Stadt. Allerdings hat die US-Armee längst verraten, wo ihr oberster Befehlshaber unterkommt. Bereits am Dienstag landeten neun Hubschrauber vor dem Senatsgästehaus am Schwanenwik. Es handelte sich um eine Evakuierungsübung.

Aber wohin mit Trump, im Falle des Falles? Zu uns, bot die 25hours-Hotelgruppe an. Im »Alten Hafenamt« richtete sie laut dem »Hamburger Abendblatt« eine Suite ein. Eigens für den US-Präsidenten. Die, so hoffen die Manager, ist genau das, was Trump sucht. Nicht nur, weil es freies W-Lan gibt, damit Trump nach Herzenslust und Unverstand twittern kann. Man hofft, auch mit der Einrichtung den Geschmack des US-Präsidenten getroffen zu haben: Viel Plüsch, viel Gold, viel Kitsch. Da die Hoteliers aber nicht damit rechnen, dass Trump die Einladung annehmen wird, versteigert man die Übernachtungsmöglichkeit bei Ebay. Der Erlös kommt einem Klimaprojekt zugute.

Weniger komfortabel sind die Übernachtungsmöglichkeiten für die Anti-G20-Demonstranten. Nach wie vor verweigert Hamburgs SPD-geführte Innenbehörde die Eröffnung von Camps. So haben diverse Kirchengemeinden in Altona, St. Pauli und Rahlstedt auf ihrem Gelände Flächen angeboten, damit angereiste Protestteilnehmer Zelte aufschlagen können. Viele junge Leute
kommen da zwar nicht unter, dennoch bekamen die Verantwortlichen sofort uniformierten Besuch. Der unverrichteter Dinge wieder abziehen musste.

Abziehen mussten auch neun Obdachlose, die seit Jahr und Tag unter der Kennedy-Brücke nächtigen. Vermutlich werden auch noch andere Wohnungslose umgesiedelt. Hamburgs Sozialbehörde hat jedenfalls 2000 Flugblätter verteilt mit den Adressen von Notunterkünften.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.