Tunnelgegner füttern Planungsbehörde

Beim Erörterungstermin in Lübeck werden 12 600 Einwendungen gegen das milliardenschwere Verkehrsprojekt am Fehmarnbelt abgearbeitet

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Feste Fehmarnbeltquerung steckt auf deutscher Seite weiter in der Planungsphase. Noch bis Monatsende läuft im Erörterungsverfahren eine Mammutanhörung in Lübeck zur Planänderung. 12 600 Einwendungen sind für den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) als zuständige schleswig-holsteinische Planungsbehörde kein Pappenstiel. Die Projektgegner bemängeln, dass in vielen Bereichen Grunddaten fehlen und dass die erhobenen Daten inzwischen überholt seien.

Der Kern ist ein 18 Kilometer langer Schienen- und Straßentunnel zwischen der schleswig-holsteinischen Insel Fehmarn und dem dänischen Lolland, der fast vollständig aus Dänemark finanziert wird. In Deutschland werden umfangreiche Verkehrsmaßnahmen für die Anbindung des Tunnels notwendig. Hier regt sich vor Ort Widerstand von Bevölkerung und Kommunalpolitikern.

Sechs Anhörungstermine in den früheren Fabrikhallen der zu einem Eventort umgebauten Gollanwerft sind bereits absolviert, der nächste folgt an diesem Dienstag. Es ist ein zähes Ringen um Argumente, bei der Dörte Hansen vom LBV als Moderatorin darum bemüht ist, kühlen Kopf zu bewahren. Und es ist ein Konflikt David gegen Goliath: Während der Bauvorhabenträger, die staatliche dänische Femern A/S, jedes Mal mit einer ganzen Truppe von Anwälten anrückt, können sich die Projektgegner nur wenig Rechtsbeistand und Expertise leisten. Gutachter haben aber der Planungsbehörde eine Reihe von Versäumnissen vorgehalten, die aus Sicht von Hendrick Kerlen, Sprecher der Allianz gegen eine Feste Fehmarnbeltquerung, nur einen Schluss zulässt: »Meines Erachtens kommt die Landesbehörde nicht darum herum, eine weitere Planänderung vorzunehmen.« Die wiederum würde neue Einwendungen und eine weitere Anhörung nach sich ziehen würde.

Femern A/S hat auf die vielen Einsprüche mit Stellungnahmen im Umfang von 600 000 Seiten reagiert. Und doch mangle es an Qualität und Sub-stanz der Unterlagen, wie der frühere Kieler Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) der dänischen Seite vorgeworfen hat.

Der Bauherr nimmt es laut Kritikern in elementaren Fragen nicht so genau. So wollte er an der laufenden Anhörung nur Personen teilnehmen lassen, die in einem Radius von 15 Kilometern zum Tunnel leben. LBV-Chefin Hansen ließ eine solche Beschränkung aber nicht zu.

Thematisch wurden bisher das Tunnelsicherheitskonzept für mögliche Brände oder denkbare Terrorakte, der Bereich Baustellenlogistik, die zu erwartenden Bau- und Anlagenimmissionen sowie der Komplex Navigation und Schiffssicherheit abgearbeitet. Für die nächsten Termine stehen beispielsweise noch zur Debatte: Auswirkungen auf Meeresboden und Wasserqualität durch Baumaßnahmen, zudem alle Belange zum Artenschutz, FFH-Analyse und Ausgleichsflächen. Fachleute und Behörden bleiben in Lübeck schon auf einfachste Einwendungen Antworten schuldig: So leuchtet es den Tunnelgegnern nicht ein, dass für den Fehmarnbelt kürzlich aus Artenschutzgründen ein Angelverbot erlassen wurde, während ein gigantischer Tunnelbau genehmigt werden soll. Malte Siegert vom Naturschutzbund (NABU) weist darauf hin, dass Femern A/S bis heute nicht die europarechtlich vorgeschriebene Strategische Umweltprüfung vorgelegt hat. Wegen fehlender Unterlagen hält auch er eine erneute Planänderung samt Anhörungsverfahren für notwendig.

Tunnelbefürworter, die sich zum Verein »beltoffen« zusammengeschlossen haben, sehen dies anders. Diese hoffen, dass es beim skizzierten Fahrplan bleibt, dass im Sommer 2018 ein Planfeststellungsbeschluss für das milliardenschwere Bauwerk vorgelegt wird.

Damit es so bleibt, werden Gegnern Steine in den Weg gelegt: Seit dem ersten Anhörungstag ist der Andrang zu den Sitzungen deutlich abgeebbt, da die Termine mitten in der Woche tagsüber angesetzt werden: »Das können sich eigentlich nur Rentner wie ich erlauben«, sagt Kerlen.

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