Nicaraguanische Revolution unter Denkmalschutz
Lichtenberger wollen Wandbild in Schule schützen / Restauration von Giebelwandgemälde wird im Herbst geprüft
Lars ist Schüler der fünften Klasse an der Grundschule am Wilhelmsberg in Alt-Hohenschönhausen. Wie seine Klassenkameraden sitzt er am Montagmorgen im Speisesaal und wartet darauf, die nicaraguanische Botschafterin mit dem Lied »Viva la Feria« begrüßen zu dürfen. Wie er das Bild des Malers Manuel García Moia findet, um das es heute geht? Welches Bild?, fragt Lars zurück. Ach das. »Schön«, sagt er. »Nur eine Sache fehlt da: die Sterne.«
Die Initiative, die heute zum Festakt geladen hat, will, dass das Wandgemälde unter Denkmalschutz gestellt wird. Dafür hat sie 200 Unterschriften gesammelt, die sie dem Bezirksbürgermeister Michael Grunst (LINKE) und der Botschafterin Karla Beteta Brenes überreicht. Außerdem hat sie Spenden gesammelt, 800 Euro für eine Zentrum in Monimbó, Nicaragua, in dem Straßenkinder das Malen erlernen.
Der nicaraguanische Maler Moia hat die Schule bereits dreimal besucht: Das Wandbild »Volksfest in Monimbó« hat er 1985 gemalt. Es ist nicht sein einziges Bild in der Stadt: Auch in der Skandinavischen Straße am S-Bahnhof Lichtenberg hat er 1985 eine Hauswand bemalt, das »Giebelwandgemälde«, für dessen Restauration die Initiative streitet.
Entstanden war das Wandbild im Auftrag der DDR-Regierung nach der Sandinistischen Revolution 1979 - an die Zeit der Nicaragua-Solidarität erinnert sich auch Grunst: »Bei mir werden gerade Erinnerungen wach«, sagt er in seiner Begrüßung. »Wir Kinder haben Kuchen gebacken, um Geld zu sammeln.« An die Grundschüler gerichtet sagte er: »Es ist gut, dass ihr die Solidarität aufrecht erhaltet. Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung - Spenden helfen, das sicherzustellen.«
Im vergangenen Jahr stellte die Initiative einen Schaukasten am Monimbó-Platz auf, der über die neuesten Entwicklungen informiert: Zwei Probeflächen wurden restauriert, vier Jahreszeiten haben auf die Farbe eingewirkt. »Man prüft derzeit restauratisch, ob sich das Gemälde erhalten lässt«, heißt es aus dem Landesdenkmalamt, »denn Denkmalschutz macht keinen Sinn, wenn die Farbe alle zwei Jahre runterfällt.«
Grunst bestätigt, das derzeit mit dem Senat verhandelt werde, die Hauswand unter Denkmalschutz zu stellen. Seit dieser Legislatur ist dafür die Kulturverwaltung unter Klaus Lederer (LINKE) zuständig. Sprecher Daniel Bartsch bestätigte dem »nd«: »Erst wenn die materielle Erhaltungsfähigkeit gesichert ist, wird die Frage des Denkmalwertes geprüft. Eine erste Evaluierung und Bewertung ist für den Herbst 2017 geplant.«
Geht es nach Christel Schemel, Koordinatorin der Initiative, bräuchte man darauf nicht zu warten: »Wir haben mit den Restauratorinnen gesprochen. Die sind erstaunt, welche Festigkeit die Farbe hat.« Ginge es nach ihr, könnte man schon heute den Denkmalschutz ausrufen. Die Initiative habe Lederer umfassend informiert: mit einer Dokumention zur Musterrestaurierung inklusive Kostenkalkulation und einem kunstwissenschaftlichen Gutachten. Trotzdem lasse die Entscheidung auf sich warten. Auf die sei jedoch auch das Denkmalamt angewiesen. »Man schiebt's hin und her«, so Schemel.
Nicht nur die LINKE, auch Falk Rodig von der AfD ist gekommen. Er, der jüngst in der Bezirksverordnetenversammlung gegen zusätzliches Geld für eine Bildungsfahrt nach Buchenwald gestimmt hat, unterhält sich angeregt. Auch er will, dass das Wandgemälde unter Denkmalschutz kommt. »Das Bild kenne ich noch aus meiner Kindheit«, sagt er. »Zu DDR-Zeiten war ja alles schwarz-grau, das Bild hat herausgestochen.« Für die DDR-Kunst am Bau setze er sich ein: »Die finde ich persönlich schön.« Und die Nicaragua-Solidarität? »Das ist nicht so meine Welle«, sagt der Rechtsaußen. »Ich mag den Nicaraguaner so, da brauch ich keine Solidarität.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.