Gerhart-Hauptmann-Schule kann geräumt werden

Gericht gab der Klage des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg gegen die Besetzer statt

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg kann geräumt werden. Das Landgericht gab einer Klage des Bezirks am Mittwoch statt. Dem Land Berlin als Eigentümer stehe das Recht zu, die Herausgabe der Räume zu verlangen. Die Bewohner könnten sich nicht auf ein dauerhaftes Wohnrecht berufen, eine Vereinbarung mit dem Bezirk sei nur eine vorübergehende Einigung zur Deeskalation gewesen. Eine Berufung gegen das Urteil ist möglich.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hatte bereits im Sommer vergangenen Jahres eine Räumungsklage eingereicht. Damals hatte sie erklärt: »Die Bewohner haben alles angeboten bekommen, was man sich vorstellen kann.« Unter anderem hätten sie abgelehnt, statt im ganzen Gebäude verteilt zu wohnen, auf eine Etage zusammenzurücken. Sie hätten außerdem gefordert, mietfrei im Haus zu wohnen. Das hätte für andere potenzielle Nutzer des geplanten sozialen Zentrums »Campus Ohlauer« »exorbitant hohe Mieten« bedeutet, die kein Träger habe zahlen wollen. Nach dem Urteil sagte Hermann am Mittwoch, bisher sei lediglich entschieden worden, dass in der Schule kein Wohnrecht bestehe. Der Bezirk werde den Bewohnern andere Räume anbieten.

Die Schule war im Dezember 2012 von Flüchtlingsaktivisten aus ganz Deutschland besetzt worden, die zuvor auf dem Oranienplatz campiert hatten. Seitdem laufen Verhandlungen, bereits 2014 und 2015 hatte der Bezirks versucht, die Schule räumen zu lassen. Schließlich einigten sich Bewohner und Bezirk aber auf eine befristete Nutzung.

Im Nordflügel richteten die Johanniter im vergangenen Jahr eine Notunterkunft ein, im Sommer zogen rund 100 Bewohner ein. Der Südflügel blieb besetzt. Dort soll nach Wunsch des Bezirks ein internationales Flüchtlingszentrum entstehen, in das auch Einrichtungen für soziale, juristische und gesundheitliche Beratung einziehen.

Die Friedrichshain-Kreuzberger LINKE hatte im vergangenen Jahr die Räumungsklage als »Alleingang« der Grünen kritisiert. Die anderen Bezirksstadträte seien nicht in die Entscheidung einbezogen worden, das sei unüblich. »Wir haben immer auf den Verhandlungsweg gesetzt«, sagte am Mittwoch Lothar Jösting-Schüßler dem »nd«, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Er habe die Besetzer immer unterstützt. Aber die Situation habe sich verändert. »Ich bin nicht unzufrieden mit dem Urteil«, sagte er. Die Verhältnismäßigkeit stimme nicht mehr. Mit hoher Wahrscheinlichkeit lebten mittlerweile nicht mehr als zehn Menschen im Südflügel, das stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten, die der Bezirk dadurch zu tragen habe. Die Besetzung sei ein wichtiges Symbol gewesen, doch die politische Bedeutung bestehe längst nicht mehr. Jösting-Schüßler hofft nun, dass die Bewohner die alternativen Wohnplätze, die der Bezirk ihnen anbiete, auch annehmen werden, um einer Räumung zuvorzukommen.

Das scheint die linke Szene Berlins anders zu sehen. »Die Belagerungsfestspiele können erneut beginnen«, twitterte der kürzlich geräumte Neuköllner Kiezladen in der Friedelstraße 54.

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