Geduld am Ende, Symbol lebt

Johanna Treblin sieht neuen Streit über die Räumung der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule kommen

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

Von rund 200 Geflüchteten und ihren Unterstützern, die 2012 die Gerhart-Hauptmann-Schule besetzten, sind nur noch rund zehn übrig. Den Bezirk kostet das jährlich eine Million Euro. Nicht nur bei der Bezirksbürgermeisterin ist der Geduldsfaden gerissen. Auch in der LINKEN in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg bröckelt die Unterstützung. Ihr stadtentwicklungspolitischer Sprecher Lothar Jösting-Schüßler hofft, dass das Räumungsurteil den Besetzern Vernunft einimpft und sie endlich ausziehen, bevor es tatsächlich zur Räumung kommen muss.

Das hätte vielleicht geschmeidig vonstatten gehen können. Wenn nicht im Juni 2016 die Polizei einer illegalen Räumung in der Rigaer Straße 94 zur Seite gestanden hätte. Und wenn nicht vor zwei Wochen der Neuköllner Kiezladen in der Friedelstraße 54 geräumt worden wäre. Und wenn es bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg weniger heiß her gegangen wäre. Und wenn - auch das gehört dazu - immer höher steigende Mietpreise den Raum für alternative Strukturen in der Innenstadt nicht immer weiter einschränken würden. Doch jetzt ist die radikale linke Szene wütend. Die ehemalige Schule in der Ohlauer Straße war ein wichtiges Symbol eines Raumes, den sich jene nahmen, die nicht erwünscht sind. Und als solches Symbol lebt sie sofort wieder auf, sobald ihre Existenz bedroht ist. Es geht also nicht nur darum, wie die Besetzer sich verhalten.

Die FDP hofft nun, »dass die Umsetzung der Gerichtsentscheidung nicht erneut in einem Gewaltexzess endet« und fordert gleichzeitig, »rechtsfreie Räume« nicht zu dulden. Doch die Eskalation wird es geben. Wenn der Bezirk tatsächlich den Gerichtsvollzieher bestellt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -