Kann es den »deutschen Corbyn« geben?
Einige Lehren aus dem Erfolg des Labour-Vorsitzenden für die deutsche Linkspartei
Nach mehr als drei Jahrzehnten Thatcherismus und neoliberaler »Marktsozialdemokratie« erlebt Großbritannien derzeit einen gesellschaftlichen Linksruck - sofern man davon in Zeiten der nahezu vollständigen Beherrschung des Politischen durch ein technokratisches Management à la Emmanuel Macron sprechen kann. Dieser Linksruck ist auch dem Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn zu verdanken. Dessen politische Biographie hat durchaus mehr Gemeinsamkeiten mit der eines Angehörigen der deutschen Linkspartei als mit der eines SPD-Genossen. So stellt sich automatisch die Frage: Kann die sich scheinbar in einer Dauerkrise befindende Partei DIE LINKE einen »deutschen Corbyn« hervorbringen?
Mit diesem Begriff ist nicht so sehr eine charismatische, redegewandte Person gemeint, sondern der konkrete politische Ansatz, der Corbyn seinen Erfolg bescherte. Zur Beantwortung der Frage bedarf es denn auch eines genaueren Blickes auf die objektiven und subjektiven Faktoren, die das Corbyn-Phänomen untermauern.
Die institutionellen Unterschiede nicht außer Acht lassen
Dass ein langjähriger Aktivist der radikalen Linken aktuell in greifbarer Nähe des höchsten Regierungsamtes Großbritanniens steht, hat auch etwas mit der besonderen Struktur des britischen Parlamentarismus zu tun, im doppelten Sinne. Zum einen herrscht in Großbritannien das Mehrheitswahlrecht. Die soziale Struktur des Landes widerspiegelt sich in einer Reihe von Wahlkreisen (constituencies), die mehrheitlich traditionell entweder Labour oder den Tories bei jeder Parlamentswahl zugeordnet werden. Würde ein solches Wahlrecht in Deutschland herrschen, hätte dies zur Folge, dass die Linkspartei bei jeder Wahl einen harten Überlebenskampf gegen die SPD um dieselbe Klientel – Arbeitnehmer_innen und Arbeitslose – führen müsste. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie es nirgendwo, mit Ausnahme vielleicht einiger Wahlkreise im Osten, in den Bundestag schaffen würde, wäre groß.
Umgekehrt sind viele radikale Linksreformisten und bekennende Sozialist_innen wie Jeremy Corbyn durch diesen Zustand dazu gezwungen, in der Labour Party zu arbeiten, um »Verbesserungen im Hier und Jetzt« zu erkämpfen. Für eine linksreformistische Partei wie die Linkspartei gibt es in Westminster keinen Platz. Daher wirkt es auch absurd, wenn etwa DGB-Chef Reiner Hoffmann meint, ein »deutscher Corbyn« sei nötig, damit aber letztendlich den Wunsch äußert, dass sich Martin Schulz rhetorisch ein bisschen nach links bewegt.
Corbyn ist nicht das klassische Produkt einer sozialdemokratischen Laufbahn, sondern verfügt über den Habitus eines Außenseiters aus den sozialen Bewegungen, der aufgrund der besonderen Gegebenheiten des britischen Wahlrechts eine Nische für sich innerhalb einer nach rechts driftenden Sozialdemokratie schaffen konnte, ohne dabei seinen politischen Ansatz preiszugeben – wie das in der SPD in der Regel der Fall wäre.
Eine der wenigen positiven Kehrseiten des britischen Parlamentarismus ist derweil, dass viele Sitze für bestimmte Parteien als sicher gelten. Corbyn konnte sich seit 1983 als Labour-Abgeordneter für den Londoner Bezirk Islington etablieren und sich in zahlreichen sozialen Kämpfen profilieren, vor allem als führender Organisator der Antikriegsbewegung. Seine Beliebtheit im Wahlkreis hatte eine gewisse Autonomie zur Folge, die es ihm ermöglichte, sowohl für Labour im House of Commons zu sitzen als auch mehrmals gegen seine eigene Partei – besonders unter Tony Blairs New Labour – abzustimmen.
Dauerkrise der britischen politischen Klasse
Corbyn – ein radikaler Linksreformist an der Spitze der mitgliederstärksten Partei im europäischen Kernland des Neoliberalismus – stellt für das System also einen durchaus erklärbaren Super-GAU dar. Dieser Unfall wurde nicht zuletzt von der Dauerkrise der britischen politischen Klasse begünstigt: die Fehlkalkulationen des Brexit-Referendums sowie der jüngsten Parlamentswahl, schottische Unabhängigkeitsbestrebungen, sowie der Mangel an kompetenten Persönlichkeiten für die Besetzung der zwei politischen Flügel des britischen Kapitalismus, der Tories sowie New Labour.
Dieser Unfall hat aber für die Corbynistas einen großen Vorteil: Nachdem sie die Führung der wichtigsten Partei der Arbeitnehmer_innen eroberten, sind sie frei von der Last des Dilemmas »mitregieren oder opponieren«, das die Linkspartei seit ihrer Gründung plagt. Gewiss befindet sich der »Feind« auch in den eigenen Reihen; Kompromisse wie das Festhalten an die Erneuerung des britischen Atomwaffenarsenals, ebenso wie die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der britischen Rüstungsindustrie, waren im Wahlprogramm zu finden. Doch so lange Corbyns Strategie erfolgreich ist, bleibt der Spielraum der Parteirechten relativ begrenzt.
Trotz dieser sehr britischen Bedingungen, liefert die bisherige Strategie Corbyns der LINKEN ein Lehrbuch zum Erfolg, oder zumindest eine Anleitung zum Ausweg aus der derzeitigen Identitätskrise. Mit klaren und präzise formulierten Forderungen, aber auch mit einem standhaften Stil, konnte Jeremy Corbyn Millionen Brit_innen, vor allem Jungwähler_innen, überzeugen.
»Verrückte« Forderungen lohnen sich - und müssen offensiv vorgetragen werden
Ein gängiger Vorwurf von der Parteirechten gegen Corbyn war, dass dieser den desaströsen Weg des Labour-Linken Tony Benn in den frühen 80ern gehe. Die »harte Linke« habe damals die Partei ins Abseits manövriert und ein für alle Mal bewiesen, dass der Weg zum Wahlerfolg über den langen Marsch in Richtung Mitte verläuft, was durch den Wahlsieg Blairs 1997 scheinbar bestätigt wurde.
Doch nicht nur die Zeiten haben sich geändert, der Kern des Corbyn-Ansatzes ist ein anderer als der der Bennites. Damals konnte der Neoliberalismus eine gesellschaftliche Hegemonie für sich reklamieren, auch unter großen Teilen der Arbeiterklasse. Heute herrscht dieser zwar immer noch unangefochten, doch ideologisch kann er kaum noch überzeugen. Dazu deutet das Phänomen Corbyn nicht auf eine linksradikale Wende von Labour, sondern auf eine faktische »Resozialdemokratisierung« hin. Die Forderungen des jüngsten Labour-Wahlprogramms – unter anderem eine Reichensteuer sowie die Verstaatlichung von Bahn, Energie und Post – mögen für die heutigen Verhältnisse utopisch klingen, doch sie bildeten jahrzehntelang ein Standardmerkmal britischer sozialdemokratischer Politik. In einer Zeit aber, in der ein Leben jenseits des Neoliberalismus vielen Menschen als unvorstellbar gilt, haben diese Forderungen eine neue, radikale Qualität angenommen und die Phantasie von Millionen von jungen Wähler_innen beflügelt, die bis jetzt nichts anderes kannten als sozialen Kahlschlag, permanenten Leistungsdruck, verspätete Züge und schlechten Kettenkaffee.
Die LINKE hält sich mit radikalen Forderungen vornehm zurück
Viele von Corbyns Vorschlägen werden auch von der Linkspartei geteilt. Doch oft werden diese – vermutlich aufgrund der Befürchtung als »unwählbar« stigmatisiert zu werden – nicht ausreichend und vor allem nicht konkret kommuniziert. Die LINKE könnte sich an Corbyn ein Beispiel nehmen und Forderungen wie die Umwandlung der Deutschen Bahn zur öffentlichen Behörde (im Gegensatz zum aktuellen AG-Status) offensiver in den Vordergrund stellen und ähnlich wie Labour mit einer detaillierten Beschreibung der Finanzierung des Vorhabens begleiten.
Eine solche Strategie läuft konträr zur üblichen Logik der »Triangulation« im Wahlkampf, die jahrelang das Standardskript des Sozialliberalismus von Clinton, Blair, Schröder und Co. bildete: erst ein bisschen über soziale Gerechtigkeit und soziale Rechte sprechen, dann ein paar Worte über Law-and-Order und die Tugenden der Leistungsgesellschaft verlieren, um sich dann am Ende als Exponent einer fiktiven Mitte hinzustellen. Dass in der aktuellen Konstellation diese Strategie zum Scheitern verurteilt ist, zeigt das jüngste Beispiel von Martin Schulz. Auch Teile der Linkspartei setzen eine modifizierte Form der Triangulation um, wenn sie in Landtagswahlkämpfen von sozialer Gerechtigkeit sprechen, dann Formulierungen zugunsten von möglichen Koalitionen abmildern, um am Ende eine im Kern neoliberale Sparpolitik im Rahmen von Koalitionsregierungen auf der Landesebene mitzutragen.
Weite Teile der Linkspartei verwechseln leider den diffusen Wunsch für einen Politikwechsel im Land mit einem Blankoscheck zur Verwässerung politischer Inhalte und halten sich mit radikalen Forderungen vorbildhaft zurück. Dieser implizite Widerspruch kann nur mittels einer fortschrittlichen politischen Stimmung im Land, die ihre eigene Dynamik entfaltet, aufgehoben werden. Doch dafür ist ein hohes Maß an politischer Belastbarkeit nötig sowie die Fähigkeit als Linke einen eigenen Weg einzuschlagen.
»Kosmopolitischer Sozialliberalismus« vs. »Rückbesinnung zum Nationalstaat«?
Eine weitere Stärke von Jeremy Corbyn bestand in der demonstrativen Weigerung, in die internen Streitigkeiten der herrschenden Klasse hineingezogen zu werden. Corbyn ist bekennender linker EU-Kritiker, eine Mehrheit seiner Partei aber unterstützte den Verbleib innerhalb der EU gegen den von UKIP und vielen Tories geforderten »harten Brexit«. Gleichzeitig stimmten zahlreiche Menschen im deindustrialisierten Norden Englands, einer traditionellen Hochburg von Labour, für den Austritt aus der EU. Corbyn verhielt sich taktisch. Der Machtverhältnisse innerhalb seiner Partei bewusst, positionierte er sich für einen EU-Verbleib. Doch anders als Angehörige der Parteirechten, weigerte er sich im Rahmen der Remain-Kampagne Seite an Seite mit prominenten Tories aufzutreten. Auch weigerte er sich, offensiv für die Idee eines linken EU-Projektes zu werben, eine Idee, die nach der Kapitulation der griechischen SYRIZA vor der Austerität im Sommer 2015 nicht gerade Konjunktur hat.
Corbyns Haltung in Sachen Brexit bestand im Kern aus einer einfachen Feststellung: Sowohl im Pro- als auch im Kontra-Lager befinden sich Arbeitnehmer_innen, deren Interessen es zu verteidigen gilt, Brit_innen sowie Menschen aus dem EU-Ausland. Unter Corbyn fokussierte sich Labour auf die realen Themen: die Prekarisierung, die sich verschlechternden Lebensbedingungen tausender Menschen, den desaströsen Zustand öffentlicher Dienstleistungen. Und anders als viele erwarteten, verursachte das Brexit-Votum nicht den befürchteten langfristigen gesellschaftlichen Rechtsruck.
Seit Ausbruch der Eurokrise tobt die deutsche Version des linken Brexit-Dilemmas in der LINKEN um die Frage der Währungsunion. Trotz der wichtigen Unterschiede beider Fälle, handelt es sich hier um die gleiche Frage: Sind die europäischen Institutionen – einschließlich der Währungsunion – aus linker Sicht reformierbar? Selbst unter Gegner_innen des Schäuble-Sparkurses gegenüber dem europäischen Süden gilt das Infragestellen der Währungsunion als Tabu. Als Begründung dafür wird nicht selten die Furcht vor einem »Rückzug in den Nationalstaat« genannt. Doch das Feld der EU-Kritik wird somit kampflos, wenn auch ungewollt, den Rechten überlassen. Zwar kann die LINKE nicht die Währungsfrage abstrakt zum Hauptmerkmal ihrer Europapolitik machen. Doch die unter den derzeitigen Machtverhältnissen unrealistischen Vorschläge eines »Neustarts der EU« lassen die Partei als unglaubwürdig erscheinen, ebenso eine europapolitische Strategie die »vernünftige Argumente« statt Kampfbereitschaft in ihrem Kern hat. Linke Europapolitik heißt, ähnlich wie Corbyn die berechtigte Wut vieler Menschen auf die EU im ganzen Kontinent wahrzunehmen, sich aber gleichzeitig zu weigern, die Debatte entlang der vorgegebenen Diskursebene »Vernunft vs. Populismus« zu führen. Stattdessen sollten die konkreten Bedürfnisse von Millionen von Arbeitnehmer_innen, von Glasgow bis Athen, im Mittelpunkt stehen.
Pro-Flüchtlinge und gegen das Establishment: Das geht
Seit Übernahme der Parteiführung spricht sich Corbyn offensiv für die Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus. Gleichzeitig aber wies er systematisch auf die Lügen der populistischen Rechten hin, die zum Beispiel demagogisch behaupteten, ein EU-Austritt bedeute wöchentliche Einnahmen von 350 Millionen Pfund für den öffentlichen Gesundheitssektor. Jenseits der liberalen Hysterie über den aufkommenden Faschismus nach Brexit verstand Corbyn, dass die Stimme vieler Befürworter_innen des EU-Ausstiegs von Großbritannien nicht so sehr von Rassismus als von dem Gefühl, von einer neoliberalen Londoner Elite im Stich gelassen zu werden, getrieben wurde.
Die Lautstarken in der Flüchtlingsdebatte der LINKEN werden dagegen viel zu oft in den Medien als entweder kompromissbereite Befürworter_innen von Rot-Rot-Grün und Gegner_innen von Obergrenzen einerseits sowie Gegner_innen von R2G und Befürworter_innen von Obergrenzen andererseits wahrgenommen. Die Gallionsfigur der Partei, Sahra Wagenknecht, wirkt nicht selten wie ein laufender Widerspruch, indem sie einerseits im Bundestag die Militarisierung der deutschen Außenpolitik anprangert und andererseits in der Flüchtlingspolitik klingt wie eine rechte Sozialdemokratin. Nicht nur fügt sich die LINKE damit der »Es gibt nicht genug für alle«-Logik des Kapitals, sie verpasst gleichzeitig die Chance einer strategischen Allianz zwischen den Verlierern der Merkel-Politik und den Millionen von Flüchtlingshelfer_innen sowie den Flüchtlingen selbst.
Sich nicht von den Medien treiben lassen
Schließlich zeichnete sich der Kurs Jeremy Corbyns dadurch aus, dass dieser sich zu keinem Zeitpunkt mit der massiven Medienkampagne gegen ihn kompromissbereit zeigte. Corbyn wurde mit derselben Medienblockade konfrontiert, unter der die LINKE seit ihrer Gründung leidet. Die Konturen der Anti-Corbyn-Kampagne wiesen verblüffend viele Ähnlichkeiten mit der parteiinternen Nahostdebatte der Linkspartei auf. Da es schwierig fiel, Corbyn direkt im Bereich sozioökonomischer Politik anzugreifen, entschied sich der Blair-Flügel für ein anderes Merkmal seines politischen Engagements: seine langjährige Unterstützung der legitimen Rechte der palästinensischen Bevölkerung. Kommentar nach Kommentar in linksliberalen Zeitungen wie dem »Guardian« bezichtigten Corbyn vor einem Jahr der »Ermöglichung« eines auf Israel bezogenen judenfeindlichen Klimas innerhalb von Labour.
Tatsächlich gab es antisemitische Äußerungen seitens randständiger Parteimitglieder, während Corbyn-Verbündete wie der frühere Londoner Bürgermeister Ken Livingstone fragwürdige Äußerungen zur Zusammenarbeit von Nazis und Zionisten in den 1930ern von sich gaben. Doch bei anderen Fällen zeichnete sich ein bewusster Versuch ab, die Grenzen des Antisemitismusbegriffes so zu erweitern, dass der Raum für jegliche Kritik an Menschenrechtsverletzungen seitens des israelischen Staates versperrt ist, eine Maßnahme, die auf die generell palästinasolidarische Labour-Linke zielte. Corbyn verhielt sich souverän und berief einen Expertenausschuss. Dieser befand, dass Labour unter Corbyn nicht von Antisemitismus durchzogen sei. Stattdessen herrsche teilweise in der Nahostdebatte eine mit Ignoranz vermischte toxische Stimmung.
Auch nach der Antisemitismusaffäre blieb die Medienfront gegen Corbyn hart. Als nicht weniger destruktiv als die rechte Boulevardpresse erwiesen sich linksliberale Feuilleton-Stars wie Owen Jones, die sich zwar verbal als Corbyn-Freunde zeigten, gleichzeitig aber den Vorwurf reproduzierten, Labour unter Corbyn gehe es schlechter als davor. Doch Corbyn ließ sich nicht desorientieren. Diese Haltung bildete auch das Rückgrats seines Erfolges im letzten Juni.
Trotz der politisch-kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Großbritannien kann die Führung der LINKEN etwas von Corbyns Umgang mit feindlich gesinnten Medien lernen kann. Seit ihrer Gründung wird die Linkspartei von zahlreichen medialen Eklats begleitet – Nahost, »Kommunismus-Debatte«, Währungsunion, angebliche Putin-Nähe. In nahezu allen Fällen setzte der Instinkt der Führung auf Aufweichung von Positionen sowie Einknicken vor den anderen Parteien und Medien. Es ist ein Verdienst von Corbyn, zu erkennen, dass die Menschen ausreichend intelligent sind, um sich nicht von einer herrschaftskonformen Medienlandschaft beeinflussen zu lassen. Eine Verteidigung der eigenen Positionen zahlt sich aus, Inkonsistenzen dagegen nicht.
Der Sinn Jeremy Corbyns
Verglichen mit Labour ist die LINKE aus radikaler Sicht eine viel solidere Partei. Bei der großen Mehrheit der Parteimitglieder ist ein grundsätzlich antikapitalistischer und antimilitaristischer Konsens stärker vorhanden. Zehn Jahre Existenz führten zu einer Ansammlung von Erfahrungen und Lernprozessen, die die früher randständige Labour-Linke erst seit zwei Jahren durchmacht.
Und doch kann die Linkspartei von Corbyns Labour lernen: wenn es um die Verschmelzung von Impulsen der Selbstorganisierung aus den sozialen Bewegungen geht - aus denen Corbyn selbst hervorging - einerseits, mit einem verbindenden sozialistischen Deutungsrahmen andererseits.
Nach dem ernüchternden Zusammenbruch der Ideologie eines »linken Europäismus« im Sommer 2015, bietet der Kurs Corbyn einen Back-to-Basics-Lehrgang für eine solche Politik, die sowohl die Menschen in ihrer Lebensrealität anspricht und gleichzeitig implizit antikapitalistische Perspektiven aufzeigt.
Leandros Fischer ist Politologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Zypern. Beiträge von ihm erschienen unter anderem in der US-Zeitschrift »Jacobin«.
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