Schwarze Pädagogik
Nelli Tügel über Schuld und Strafe bei den Brexit-Verhandlungen
Im Vorfeld der am Montag begonnenen, mehrtägigen Brexit-Verhandlungen ging es zu wie bei verkrachten Eheleuten in Scheidung. Da werden horrende Rechnungen aufgemacht und umgehend als viel zu hoch und »erpresserisch« zurückgewiesen. Düstere Szenarien zur Zukunft Großbritanniens werden an die Wand gemalt - übrigens auch von einigen Journalisten, die jede kleine Meldung über sinkende Löhne oder eine schwächelnde Wirtschaft unhinterfragt auf den drohenden Brexit zurückführen. Die einen palavern von der Rückgewinnung ihrer »Souveränität«. Die anderen wenden sich beleidigt ab, so nach dem Motto: Na, ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt, dass ihr gehen wollt. Die Millionen Briten, die für den Brexit gestimmt haben, werden von der EU ohnehin kaum mehr angesprochen. Ganz so, als seien sie eh längst verloren.
Bislang vermittelt die EU, die wegen der schwachen Position der britischen Regierung Oberwasser hat, in den Verhandlungen vor allem, dass es demjenigen schlecht ergeht, der die Gemeinschaft verlässt. Geht das nicht auch anders? In Zeiten, da sich die EU in einer Legitimationskrise befindet, die ja nun wahrlich weit über Großbritanniens Grenzen hinausgeht, sollte der Staatenbund doch eigentlich mehr zu bieten haben, als Schuldzuweisungen und Strafandrohungen im Stile einer schwarzen Pädagogik.
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