G20 ist vorbei - jetzt gibt es nette Bilder von den Royals
Aufarbeitung der Gipfelgeschehnisse kommt kaum voran, Hamburgs Innenbehörde spielt auf Zeit
Herzig! Es wird sogar Fotos geben, die man sich von der Website des Senats herunterladen kann. Die werden natürlich viel, viel schöner sein, als jene, die jüngst von den Anti-G20-Protesten um die Welt gingen.
Nun wäre es am rot-grünen Senat gewesen, die G20-Nachlese durch ein Optimum an Transparenz zu bestimmen. Gewalt gibt es genügend aufzuklären - sowohl die auf Seiten der schwarzen Sturmtrupps wie auf Seiten der Polizei. Doch das geschieht nach wie vor nicht.
Am Mittwochabend beschäftigte das Thema den Innenausschuss der Bürgerschaft. Korrekt müsste es heißen: Die Innenbehörden beschäftigten die Abgeordneten. Episch breit wurde wiederholt, was bereits vom Senat breitgetreten wurde. Der Einsatzleiter des Polizeieinsatzes, Hartmut Dudde, sprach von 23 169 Beamten, die eingesetzt worden sind. Das waren über 3000 mehr als ursprünglich geplant. 592 Polizisten seien verletzt worden. Offenbar jedoch nicht allzu schwer.
Die Zahlen suggerieren, dass man den Randalierern in Divisionsstärke entgegentreten musste. Was so natürlich Unfug ist, denn ein Großteil der Beamten war zur Absicherung des Gipfels sowie zur Sperrung der Transferstrecken der Delegationen und zur Bewachung ihrer Quartiere eingesetzt. Zur Bilanz gehören 345 angezeigte Straftaten. Bislang, denn die Sonderkommission »Schwarzer Block« werde sicher weitere finden. Es seien 186 Verdächtige fest- und 225 in Gewahrsam genommen worden. Gegen 51 Personen habe das Amtsgericht Haftbefehle erlassen.
Nach dem Motto »viel hilft viel«, war Hamburgs Innensenator Andy Grote am Mittwoch mit einer ganzen Reihe von Polizeiführern erschienen. Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer verteidigte abermals den Einsatz der Polizei - zumal es ja keine »Blaupause« für einen solchen Gipfel gegeben hat. Doch da bleibt noch immer die Diskrepanz zwischen den rund 8000 erwarteten Randalierern und den - hochgerechnet - 1500, die tatsächlich in Hamburg Gewalt ausleben wollten. Kein Problem für Meyer. Er stellte dem »Schwarzen Block« eben auch die vielen Schaulustigen zur Seite, die gleichfalls für eine Eskalation gesorgt hätten.
Norman Großmann, Leiter der Bundespolizei in Hamburg, oblag es, die Situation am Abend des 7. Juli im Schanzenviertel zu erläutern. Zivilbeamte, die man ins Scheunenviertel geschickt hatte, berichteten, die »Schanze« sei als Festung ausgebaut worden. Rund 1500 zu allem bereite Personen, die selbst den Tod von Polizisten in Kauf genommen hätten, lauerten auf den Einsatz der Ordnungsmacht. Es habe nicht ausgereicht, dass man die Leute auf den Dächern mit 40mm-Gummigeschossen - die hierzulande normalerweise nicht eingesetzt werden - beschossen hat. Auch dass man die Protestierer mit Hilfe der Sturmgewehr-Laservisiere »punktiert« und den Einsatz von Schusswaffen so nicht ausgeschlossen hat, soll nicht abschreckend genug gewirkt haben. Die Einsatzleitung habe erst Spezialkräfte aus Sachsen und Österreich vorschicken müssen, um neun Dächer am Schulterblatt zu räumen.
Auffällig war, so meinen Teilnehmer der Innenausschusssitzung, dass die Darstellungen immer dann unscharf wurden, wenn es um Belege für die Gefahr oder den äußert rüden Einsatz von Polizeieinheiten ging. Gesicherte Beweismittel? Mangelware.
Nach den langatmigen Vorträgen auch von Innensenator Grote, in denen so gut wie keine Selbstkritik vorkam, hatten die Vertreter von CDU, Linken und FDP die Nase voll. Den Oppositionsparteien, die über Stunden keine Gelegenheit hatten, Fragen zu stellen, war klar, dass der rot-grüne Senat nur auf Zeit spielte, um eine echte Aufklärung der G20-Geschehnisse zu erschweren. Die CDU erwog sogar, nun doch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu beantragen - was die Linksfraktion bereits vor Tagen getan hat.
Im August soll sich ein Sonder-, kein Untersuchungsausschuss mit dem G20-Thema befassen. Bis dahin kann es ja noch so viele schöne Bilder aus Hamburg geben. Beispielsweise von der Royals ...
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.