Krawall am Ballermann
Palmas neuer Bürgermeister macht gegen Sauftourismus und Neonazis mobil
Prügeleien, ein Hammerangriff, ein ins Koma geschlagener Deutscher - seit Wochen gibt es am Ballermann auf Mallorca immer wieder Krawall. Auslöser ist meist Alkohol, denn auch im Sommer 2017 boomt der Sauftourismus an der Playa de Palma. Dass viele ausschließlich auf die Baleareninsel reisen, um sich hemmungslos zu betrinken und zu feiern, ist auch an Souvenirständen zu sehen: T-Shirts mit Aufschriften wie »Ich bin nur zum Saufen hier« sind Kassenschlager. Dem Image Mallorcas ist all dies wenig zuträglich, das weiß auch der neue Bürgermeister von Palma, Antoni Noguera. Er hat die negativen Schlagzeilen gründlich satt und lud die deutsche Konsulin Sabine Lammers zur Lagebesprechung ein.
Noguera betonte in Bezug auf sturzbetrunkene Krawallmacher und Neonazis, die sich bei Schlagerkonzerten Gehör verschaffen wollen: »Diese Art von Urlauber ist hier nicht willkommen.« Der 38-jährige Sozialpädagoge ist seit Anfang Juli im Amt. Er hat deutlich gemacht, dass er das Image Palmas nicht länger beschmutzen lassen will. »Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass Orte wie die Schinkenstraße und ihre Umgebung keine positiven Auswirkungen für die Stadt und den Tourismus haben«, betonte er nach dem Treffen mit der Konsulin. In der Straße, in der auch das Lokal »Bierkönig« liegt, war Ende Juni eine Massenschlägerei unter Deutschen entbrannt, ein Großaufgebot der Polizei musste anrücken. Wenige Tage zuvor hatten Neonazis im »Bierkönig« eine Reichkriegsflagge gehisst. Auch im Juli kam es zu gewalttätigen Zwischenfällen. In einem Fall wurde ein Deutscher ins Koma geprügelt, weil er versucht haben soll, einer Frau zu helfen. Sie war nach einer langen Partynacht an einem Imbiss belästigt worden. Dazu wurde ein Urlauber ohne ersichtlichen Grund mit zwei Hämmern attackiert.
Trotz dieser Vorfälle fühlen sich die Touristen an der Playa aber weitgehend sicher. »Wir haben zwar kleinere Prügeleien gesehen, aber im Grunde ist hier alles recht friedlich«, sagt Wladimir aus dem Saarland, der seit drei Tagen mit Freund Jan auf »Malle« Urlaub macht.
Noguera räumte ein, dass es sich bei Sauf- und Krawalltouristen um eine Minderheit handelt. »Wir sind nicht gegen den Tourismus, im Gegenteil. Aber wir wollen Urlauber, die den Strand und die Freizeitangebote genießen«, sagte er vor Journalisten. Zu diesem Zweck will er in Absprache mit Konsulin Lammers entsprechende Kampagnen starten. Vor allem sollen Feierwütige über die auf der Insel erwünschten Verhaltensregeln aufgeklärt werden. Mit Blick auf Skinheads kündigte er bereits »null Toleranz« an.
Nicht nur die Stadt Palma, auch die Regionalregierung der Balearen will helfen, das Image aufzupolieren. In Läden, die Eimer und Alkohol verkaufen, soll es zu diesem Zweck Inspektionen geben. Da der Verkauf von Spirituosen und Plastikbehältern aber im Prinzip nicht illegal ist, wird stattdessen geprüft, ob etwa Eiswürfelpackungen korrekt etikettiert sind. Zudem ist der Alkoholkonsum auf offener Straße an der Playa de Palma bereits seit vergangenem Jahr verboten. Die Kontrollen gelten bisher aber als ziemlich lasch.
Vom Sauftourismus genervt sind auch die Hotelbesitzer am Ballermann. Francisco Marín, Sprecher des Hotelierverbandes an der Playa de Palma, hat eine Plattform aus Nachbarschaftsverbänden, Restaurants und Jachtklubs gegründet. »Damit wollen wir politischen Druck ausüben. Es kann nicht sein, dass es zwar Gesetze gibt, dass unzivilisiertes Verhalten aber dann nicht geahndet wird.« Laut Marín hat sich das Problem in den vergangenen Jahren noch verschlimmert. »Betrunkene hatten wir hier schon immer - aber jetzt dauert die Saison dieser Art von Tourismus von Jahr zu Jahr immer länger.« dpa/nd
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