Nie wieder AKW Fessenheim?

Abschaltung des französischen Atomkraftwerks könnte von Dauer sein

  • Ralf Streck, Bayonne
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Menschen am Oberrhein können zunächst aufatmen: Am Sonnabend ist auch Reaktor 1 des ältesten französischen Atomkraftwerks in Fessenheim heruntergefahren worden. Der Meiler 2 des störanfälligen Kraftwerks im Elsass, dessen sofortige Stilllegung vor allem im benachbarten Deutschland gefordert wird, ist schon vor einem Jahr auf Anordnung der Atomaufsichtsbehörde vom Netz genommen worden, nachdem gefälschte Sicherheitszertifikate für einen Dampferzeuger entdeckt wurden. Ein Austausch des fehlerhaften Dampferzeugers wäre aufwendig und teuer.

Erstaunlicherweise wird für die »planmäßige Abschaltung« von Reaktor 1 kein genauer Grund genannt. Medienspekulationen, dass einige Brennstäbe gewechselt würden, bestätigte der französische Netzbetreiber RTE bisher nicht. Er teilte nur mit, dass die Abschaltung voraussichtlich bis zum 12. September dauern solle. Die Erklärung ist recht kryptisch und entgegen sonstiger Gepflogenheiten nur auf Englisch verfasst. So wird Bezug auf den Antrag zum Widerruf der Betriebsgenehmigung durch den Betreiber EDF genommen und eine Verbindung zu dem im Bau befindlichen neuen Atomkraftwerk in Flamanville in der Normandie hergestellt. Auch wird angedeutet, dass die Abschaltung länger gehen könnte, und eine die definitive Abschaltung nicht ausgeschlossen. Erst kürzlich hatte der neue Umweltminister Nicolas Hulot angekündigt, bis zum Jahr 2025 bis zu 17 der 58 Atommeiler des Landes abschalten zu wollen.

In einem Dekret der sozialistischen Vorgängerregierung war die Stilllegung der beiden Blöcke von Fessenheim an die Inbetriebnahme des neuartigen Europäischen Druckwasserreaktors in Flamanville geknüpft worden. Allerdings wurde EDF bereits eine Entschädigung von einer halbe Milliarde Euro zugesprochen. Es ist nicht auszuschließen, dass die neue Regierung von Emmanuel Macron nun eine Gegenleistung sehen will. Zeigt der Premier in dieser Frage also Handlungsfähigkeit und drückt im Staatskonzern EDF die Abschaltung durch? Wie sein Vorgänger François Hollande hatte auch er im Wahlkampf die Abschaltung Fessenheims versprochen.

In Flamanville an der Atlantikküste ist geplant, nach einer Reihe von Verschiebungen die Stromproduktion nun am 25. Mai 2018 testweise aufzunehmen. Die volle Leistung von 1600 MW soll ein halbes Jahr später erreicht werden. Eigentlich sollte Flamanville schon 2012 ans Netz gehen und insgesamt 3,3 Milliarden Euro kosten. Derweil geht man von mehr als der dreifachen Summe aus.

Am Weiterbau wird indes festgehalten, auch trotz der massiven Sicherheitsbedenken. So weisen Deckel und Boden des Druckbehälters, wie Tests ergeben haben, nicht die erforderliche Widerstandsfähigkeit auf. Die Atomaufsicht gedenkt bisher, den Deckel als »nicht diensttauglich für einen permanenten Betrieb« einzustufen. Dennoch solle der Betrieb für »ein paar Jahre« in Betracht gezogen werden - bis zu einer neuerlichen Überprüfung im Jahr 2025. Wenn dann ein neuer Deckel eingebaut werden müsste, würden die Kosten noch mehr in die Höhe schießen. Auch müsste der Reaktor wieder für lange Zeit abgeschaltet werden.

Die endgültige Entscheidung über die Inbetriebnahme soll im September fallen - auf der Grundlage eines Berichts über die Stahlqualität, der dann vorgelegt werden soll. Das wäre genau der Zeitpunkt, zu dem Reaktor 1 in Fessenheim wiederangefahren werden soll.

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