Seismograph des Nahostkonflikts
Roland Etzel zum Konflikt um den Jerusalemer Tempelberg
Die Chronisten werden vermerken, dass es diesmal Palästinenser waren, die mit ihrer Attacke auf israelische Polizisten die aktuellen Tempelberg-Unruhen auslösten. Aber das spielt eigentlich keine Rolle, erklärt auch die Heftigkeit der beiderseitigen Reaktionen nicht. So wenig wie der Fenstersturz zu Prag 1618 die Ursache für den Dreißigjährigen Krieg war, so wenig geht es bei den palästinensischen Tagen des Zorns nur um die Installierung von Metalldetektoren oder Überwachungskameras am Eingang zum Tempelgelände.
Arabischer Felsendom und jüdische Klagemauer sind das Herz (Ost-)Jerusalems und dieser Stadtteil ist wiederum der Kern des israelisch-palästinensischen Konflikts, inzwischen ein Jahrhundert-Konflikt. Er mag schlafend erscheinen, aber er ist nicht gelöst und damit nicht tot. Ein Seismograph dafür heißt Tempelberg. Dieser ist wie ein Vulkan. Ein Zwischenfall, noch mehr eine gezielte Provokation, und die Lage gerät außer Kontrolle. So wie jetzt.
Das Kräfteverhältnis könnte ungleicher nicht sein. Schüsse gegen Steine. Und doch sind die Weltmächte in Aufregung. Als beim jüngsten Gaza-Krieg der Zahl der Toten die 1000 überstieg, war weder ein Emissär der UNO noch einer der US-Regierung vor Ort, um zu schlichten. Jetzt schon. Sie wissen, dass ihre Strategie zur Eindämmung des Nahostkonflikts obsolet ist, sobald der Vulkan ausbricht. Deshalb sind sie da.
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