Die Nahfeldkommunikation über das Handy

Internet und Geldanlage (Teil 1)

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Filiale an der Ecke hat längst geschlossen. Immerhin kann man in einer »Selbstbedienungszone« der Hamburger Sparkasse am Automaten noch Bargeld kriegen oder Geld aufs eigene Konto einzahlen. Wer genügend Zeit mitbringt, kann sogar am Geldautomaten Überweisungen ausfüllen. Der Kunde ist heute zugleich Bankmitarbeiter. Er übernimmt mehr oder weniger gerne viele Funktionen, die früher die Angestellten der größten deutschen Sparkasse erledigten.

Seit fünf Jahrzehnten sind Geldautomaten in Banken und Sparkassen im Einsatz. Künftig sollen diese Maschinen noch viel mehr leisten. Dafür warb der Vorstandsvorsitzende des US-Unternehmens Diebold Nixdorf auf seiner Reklametour in der Hansestadt. Die Essener Firma Nixdorf AG war einst für ihre Computer bekannt. Später übernahm Siemens das Familienunternehmen. 2016 fusionierte der Hersteller und Betreiber von Geldautomaten mit dem amerikanischen Konzern Diebold. Dessen wichtigster Bankkunde ist nun die Haspa.

Die Hamburger Sparkasse hat über 350 Geldautomaten im Einsatz. Eine Spielwiese für Innovationen. Diebold Nixdorf sieht in der Zukunft vier Mega-Trends: Automatisierung und Miniaturisierung, Digitalisierung und Individualisierung. Digitalisierung und Individualisierung stehen für die Verknüpfung des Geldautomaten mit dem Smartphone der Verbraucher. So könnten sich Nutzer statt über ihre Bankkarte über das Smartphone legitimieren.

Mit der App immer up to date?

Mit einer App auf dem Handy können Bankkunden Abhebungen auf ihrem Smartphone bereits auf dem Weg zum Geldautomaten vorbereiten oder Geld an Dritte senden. Eingaben am Geldautomaten seien dann nicht mehr nötig.

Bankkunden wählen dazu auf ihrer App einen Auszahlbetrag. Die App meldet dann auf dem Smartphone einen sogenannten Barcode. Dieser muss am Geldautomaten eingelesen werden. Das Gerät gibt danach den voreingestellten Betrag aus. Versendet der Kunde den Barcode etwa an einen Freund, kann dieser den Betrag an »seinem« Automaten vor Ort abheben.

Wie WLAN - nur sicherer?

Man mag dies für eine Spielerei halten. Versprochen wird von Anbietern wie Diebold Nixdorf, Fiducia IT oder NCR gleichzeitig ein Plus an Sicherheit. Skimming, das Manipulieren der Geldautomaten, um Kartendaten und PIN abzugreifen, sei für Kriminelle dann unmöglich. Vor allem versprechen sich Finanzdienstleister einen besseren Zugriff auf ihre Kundschaft: Durch die Voranmeldung per Smartphone werde eine »Personalisierung« der Geldausgabe erleichtert. In der Folge können Banken beim Geldabheben personalisierte Werbung einspielen oder der Kunde wird bereits beim Herantreten an den Automaten mit »Liebe Frau Schulze« begrüßt - und ein für ihre Lebenssituation passender Versicherungsvertrag angepriesen.

Die Mobilfunkprovider bieten seit etwa fünf Jahren bundesweit eine solche »Nahfeldkommunikation« über das Handy an. Diese »Near Field Communication«, kurz NFC, funktioniert ähnlich wie das fast schon alltägliche WLAN, über das wir mit unserem Computer oder Smartphone drahtlos ins Internet gelangen. NFC deckt aber nur kurze Reichweiten von wenigen Metern ab. Dadurch soll verhindert werden, das Unbefugte in das System eindringen können. Was beim WLAN vergleichsweise leicht möglich ist.

Diese Automatisierung wird die Geldautomaten noch mehr als heute zu Multifunktionsgeräten machen: Fast alle Standard-Bankgeschäfte können über solche Maschinen abgewickelt werden, selbst die Kontoeröffnung oder ein Kreditvertrag. Ob solche Neuerungen den Nerv der deutschen Kunden treffen werden?

Darauf abfahren wird wohl nur ein kleinerer Teil der Kundschaft. »Bei finanziellen Angelegenheiten spielt für deutsche Konsumenten Vertrauen immer noch die wichtigste Rolle«, sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-DiBa, eine Tochtergesellschaft der niederländischen ING Groep.

Die Deutschen hinken nach

Was die Nutzung neuer Technologien bei der Inanspruchnahme finanzieller Dienstleistungen angeht, sind Verbraucher in Deutschland daher deutlich zurückhaltender als in anderen Teilen Europas. Während die Verbreitung von Smartphone, Tablet & Co. annähernd auf dem gleichen Niveau liegt wie im europäischen Durchschnitt, sind die »Banking-Nutzungsraten« dieser Geräte deutlich niedriger.

Dies zeigt eine Umfrage der Direktbank in 13 europäischen Ländern sowie Australien und den USA. Deutsche Konsumenten, die keine mobilen Bankdienstleistungen nutzen, geben als Grund dafür zu rund 70 Prozent an, dass ihnen das Vertrauen in die Sicherheit der Technologie fehlt - ein höherer Wert als in jedem anderen Land.

Teil 2 in der kommenden Woche: Computer - sind Maschinen die besseren Anleger?

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!