Pflichtbeiträge für IHK sind rechtens
Urteil schützt auch Minderheitenpositionen
Karlsruhe. Gewerbetreibende müssen auch in Zukunft als Pflichtmitglieder Beiträge an die Industrie- und Handelskammern (IHK) zahlen. Die gesetzlich bestimmte Pflichtmitgliedschaft und die Beitragspflicht seien »nicht zu beanstanden«, weil die Kammern »legitime öffentliche Aufgaben« erfüllten, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Das Gericht forderte zugleich den Schutz von Minderheitenpositionen unter den Mitgliedern ein.
Dem Urteil zufolge hat eine IHK, »die Interessen aller Mitglieder im Bezirk durch eine selbstverwaltete Vertretung zusammenzuführen«. Sie müsse für die »Förderung der gewerblichen Wirtschaft wirken« und habe dabei »die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen«. Die Pflichtmitgliedschaft sei deshalb zumutbar. Überdies wiege der Pflichtbeitrag von 190 Euro im Bundesdurchschnitt nicht schwer.
Das Gericht pochte allerdings auf die Achtung von Minderheiten in den IHK: Die Wahrnehmung des Gesamtinteresses gelingt demnach nur, wenn abweichende Interessen einzelner Mitglieder berücksichtigt und geschützt würden. Die Verfassungshüter verwiesen dazu auch auf ein Gutachten des Bundesverbandes für freie Kammern, wonach es in Einzelfällen zweifelhaft sei, ob sich etwa Unternehmen der neuen Energiewirtschaft oder der Alternativwirtschaft in den Positionen der jeweiligen IHK »wiederfinden könnten«.
Den Verfassungshütern zufolge dürfen in solchen Fällen abweichende Interessen oder grundlegende Interessenkonflikte »nicht unterschlagen werden«. Unterschiedliche Positionen seien demnach zu benennen und auch ein echtes Minderheitenvotum müsse ermöglicht werden. Im Zweifelsfall könnten Pflichtmitglieder auch klagen, wenn eine IHK die ihr »gesetzlich zugewiesenen Aufgaben« überschreite, heißt es. Für ihren Beschluss hatten die Richter die Organisation in den Kammern einer Prüfung unterzogen. So nahmen sie erstmals die Binnenstruktur der Kammern und das Wahlverfahren unter die Lupe. (Az. 1 BvR 2222/12 u.a.) Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.