Kritik von allen Seiten

Beschlüsse des Dieselgipfels sorgen bei Umweltverbänden, Politik und EU-Kommission für Unmut

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Berlin. Die Kritik von Verbraucherschützern und Umweltorganisationen an den Ergebnissen des Diesel-Gipfels reißt nicht ab. Politiker von Bund und Ländern sowie die Chefs der großen Autobauer hatten am Mittwoch Softwareupdates für rund fünf Millionen Dieselfahrzeuge vereinbart. Ein Großteil davon wurde aber bereits in die Werkstätten zurückgeholt. Zudem wollen VW, Daimler und BMW 250 Millionen Euro in einen Fonds einzahlen, mit dem Kommunen bei der Modernisierung ihrer Verkehrssysteme geholfen werden soll. Die gleiche Summe steuert der Bund bei.

Das seien nicht die »erforderlichen Schritte, um eine Verkehrswende einzuleiten«, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, in der »Rheinischen Post«. Der Gipfel habe die Erwartungen nicht erfüllt, bilanzierte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Klaus Müller.

Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, nannte das Treffen eine »reine Showveranstaltung«. Die Umwelthilfe werde weiter für bessere Luft klagen.

Greenpeace projizierte am Donnerstagmorgen unter Anspielung auf die Abkürzung für Stickoxide den Slogan »Aktenzeichen NOx ungelöst« zusammen mit einer Silhouette von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf das Kanzleramt.

Auch aus der Politik kamen Warnungen an die Autokonzerne, dass weitere Schritte folgen könnten. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schloss Fahrverbote nicht aus. »Die gesetzlichen Vorgaben zur Luftreinhaltung gelten«, sagte er der »Bild«. »Wir wollen Fahrverbote vermeiden, aber sie sind nicht völlig vom Tisch«, sagte auch Städtetagspräsidentin Eva Lohse der »Rheinischen Post«. Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) bezeichnete die Beschlüsse als »ersten Schritt«, dem weitere folgen müssten. Auch Aufrüstungen bei Fahrzeugen blieben eine Option. Umrüstungen wie den Einbau größerer Harnstofftanks zur Abgasreinigung hatte die Industrie aber abgelehnt.

Auch die EU-Kommission sieht die Beschlüsse des Gipfels nur als ersten Schritt. Die Kommission werde die Vorhaben analysieren, sobald »volle Details« vorliegen. Es solle geprüft werden, ob diese genügten, um Emissionen »ausreichend zu reduzieren«.

Ein im April veröffentlichter Bericht des Umweltbundesamts legte dar, dass der Ausstoß von Stickoxiden pro Kilometer bei der Diesel-Pkw-Flotte in Deutschland 2016 bei durchschnittlich 767 Milligramm lag. Nach den EU-Abgasnormen Euro 5 sind aber nur 180 Milligramm zulässig, nach der Euro-6-Norm nur 80 Milligramm.

Verbraucher dürften nicht mit zusätzlichen Kosten belastet werden, mahnte die Kommissionssprecherin. Zudem dürften sich die Maßnahmen nicht auf Kraftstoffverbrauch oder Lebensdauer des Wagens auswirken.

Unterdessen setzt die Industrie weiter auf Diesel. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei die Technologie »definitiv erforderlich«, sagte BMW-Vorstandschef Harald Krüger am Donnerstag bei der Vorstellung der überraschend guten Quartalszahlen seines Konzerns: Der Umsatz stieg um 3,1 Prozent auf 25,8 Milliarden, der Gewinn gar um 14 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Agenturen/nd

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