Ortega, USA und EU verstärken Druck auf Maduro
Generalstaatsanwältin leitet Ermittlungen ein, USA prüfen Importstopp für Erdöl, EU verweigert Anerkennung der Verfassungsversammlung
In Venezuela hat Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Ermittlungen gegen die eigene Regierung und die Wahlbehörde eingeleitet. »Zwei Staatsanwälte ermitteln in diesem Betrugsfall, nach einer Anzeige von Smartmatic«, teilte sie mit. Die für die Wahlcomputer zuständige Firma sagt, dass die Wahlbeteiligung massiv manipuliert worden sei. Es hätten weit weniger Menschen abgestimmt am Sonntag.
Smartmatic sagte, es hätten nicht die offiziell verkündeten 8,1 Millionen Menschen abgestimmt. Einige Schätzungen gehen von 2,4 bis knapp vier Millionen Menschen aus, was einer Wahlbeteiligung von zwölf bis 20 Prozent entspräche. Wahlberechtigt waren 19,4 Millionen.
Der Wahlbeteiligung kommt große Bedeutung zu - sie ist Gradmesser für den Rückhalt zu den von der Opposition rund um Bündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD) bekämpften Plänen. Wegen der Turbulenzen um die in London gemachten Enthüllungen verschob Maduro die Auftaktsitzung der Verfassunggebenden Versammlung (VV) auf Freitag.
Generalstaatsanwältin Ortega, die lange auf der Seite des Sozialisten Maduro stand, nun aber zur Gegenspielerin geworden ist, soll des Amtes enthoben werden. Die Chefin der Wahlbehörde, Tibisay Lucena, nannte die Vorwürfe »unverantwortlich«.
Freitag tritt die VV zusammen. Die 545 Mitglieder sollen die Verfassung reformieren und werden in der Nationalversammlung tagen. Dort hat das Parlament aber seinen Sitz, in dem das aus 20 Parteien bestehende MUD über eine klare Mehrheit verfügt.
Als Kandidatin für den Vorsitz der Versammlung gilt Maduros Ehefrau Cilia Flores. Es gibt fast nur Vertreter des Regierungslagers in dem Gremium. Unklar ist, was mit den bisherigen Abgeordneten passieren soll. Die Opposition rief zur Verteidigung des Parlaments auf.
Die frühere Außenministerin Delcy Rodríguez, Mitglied der Versammlung, hat angekündigt, dass im Parlament die Porträts von Simón Bolívar und Hugo Chávez wieder aufgehängt werden. »Und sie werden nie mehr verschwinden.« Die Opposition hatte diese 2016 nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl abgehängt.
Die Verfassungsversammlung wird eine Art Parallel-Parlament, das jetzige Parlament wäre entmachtet. Es wird befürchtet, dass das Land mit den größten Ölreserven der Welt im Zuge der Reform hin zu einer Diktatur ohne Gewaltenteilung umgebaut werden könnte. Vermutet wird, dass die Versammlung als »Parlament des Volkes« die - in einer regulären Wahl bestimmten - Volksvertreter ersetzen könnte.
Die USA als größter Abnehmer prüfen einen Importstopp für Erdöl. Auch die EU prüft Sanktionen. Die EU und die USA erkennen die Versammlung nicht an. dpa/nd
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