Eine Wohltat für die Bayern

Nach der Niederlagenserie in der Vorbereitung zum Supercup holt sich der FC Bayern München den ersten Titel in dieser Saison

  • Maik Rosner, Dortmund
  • Lesedauer: 4 Min.

Auf dem Platz stürmten die Kollegen mit weit ausgebreiteten Armen los, an der Bank wurden Fäuste gereckt und umfangreiche Liebkosungen ausgetauscht. Wie groß die Anspannung beim FC Bayern gewesen war nach der missratenen Vorbereitung mit zuletzt fünf teils heftigen Niederlagen in den vergangenen sechs Tests, davon erzählte der Jubel nach Marc Bartras entscheidendem zwölften Elfmeter, den Münchens Torwart Sven Ulreich abgewehrt hatte. Es waren nach dem Gewinn des Supercups bei Borussia Dortmund für Bayern-Verhältnisse beinahe ekstatische Szenen, die eher an den Meistertitel von 2001 erinnerten, als die Münchner dem FC Schalke in der letzten Sekunde der Saison noch die Schale entrissen hatten. Diesmal fühlten sie sich nach dem 2:2 (1:1) nach 90 Minuten und dem 5:4 im Elfmeterschießen fast ein bisschen ertappt durch ihren Gefühlsausbruch.

»Ich glaube, es ist das gute Recht, sich zu freuen, so eine Aufgabe bewältigt zu haben. Es kann aber auch sein, dass die letzten Wochen ein bisschen reingespielt haben«, sagte Innenverteidiger Mats Hummels. »Ich glaube, da gibt es viele Gründe, sich zu freuen«, befand Ulreich, der zuvor auch pariert hatte. Die vielen Gründe zur Freude? Der Vertreter des noch nicht wieder spielfähigen Manuel Neuer verwies auf den ersten offiziellen Titel der Saison, zumal gegen den größten nationalen Rivalen, und dann auch noch auswärts. Schließlich sagte Ulreich: »Es hat natürlich auch gut getan nach der nicht so guten Vorbereitung.« Kapitän Thomas Müller war so ziemlich der einzige Münchner, der ohne Umschweife zugeben wollte, was sich zuletzt bei ihnen angestaut hatte. »Es war wichtig, dass wir die Niederlagen aus der Vorbereitung etwas abstreifen. Es war eine Wohltat zu gewinnen.«

Unabhängig vom Ergebnis hatte auch das Spiel zuvor einige Gründe zur Freude für die Münchner bereitgehalten. Vor allem in der ersten Halbzeit, als sie Dortmund nicht nur überwiegend im Griff hatten, sondern mit einem funktionierenden Zusammenspiel auch viel Tordrang entwickelten. Zwar erst nach einem Ballverlust des später angeschlagen ausgeschiedenen Innenverteidigers Javier Martínez, der Christian Pulisic die Dortmunder Führung ungewollt aufgelegt hatte. Doch danach zogen die Münchner die Schlinge um den BVB zunehmend zu, erzielten nach einer hübschen Kombination über Sebastian Rudy und Joshua Kimmich durch Robert Lewandowski den Ausgleich und kamen der Führung bis zur Pause sehr nahe.

Die zweite Halbzeit zeigte allerdings auch, dass die Münchner vom gewünschten Selbstverständnis noch ziemlich weit entfernt sind, einen Gegner über die gesamte Dauer einer Begegnung in Schach zu halten. Pierre-Emerick Aubameyangs 2:1 glichen die Bayern erst nach einem unkontrollierten Gestocher im Strafraum der Dortmunder und dank eines Eigentores von Torwart Roman Bürki in der 88. Minute aus. »Die zweite Halbzeit ging komplett an uns und deshalb ist es bitter, dass wir das Spiel noch verlieren«, klagte Dortmunds Mittelfeldspieler Nuri Sahin später. »Ein bisschen aus der Hand gegeben« habe man die Begegnung, erkannte auch Ulreich, man habe dem Dortmunder Pressingstil mit einem unsouveränen Aufbau in die Karten gespielt. Anders als in der ersten Halbzeit gelang es den Bayern nicht mehr, sich den anlaufenden Borussen zu entziehen. Immerhin, lobte der neue Sportdirektor Hasan Salihamidzic: »Die Mannschaft hat Charakter gezeigt und ist immer wieder zurückgekommen.« Wichtig sei nach vielen Gesprächen mit der gesamten Belegschaft gewesen, »dass wir wieder wie Bayern München gespielt haben«. Zumindest phasenweise.

Dass den Bayern noch Einiges dazu fehlt, um in der Fußballwelt wieder als Übermacht wahrgenommen werden zu können, wissen allerdings auch die Spieler. »Eine sehr klare Steigerung gegenüber Dienstag (dem 0:3 gegen den FC Liverpool, Anm. d. Red.), trotz der sehr dünnen Personaldecke«, durfte Hummels zumindest bilanzieren, weswegen man »zufrieden und glücklich« sei, »auch wenn nicht alles perfekt war.« Ob dies eine Antwort auf die missratene Vorbereitung gewesen sei? »Zumindest ein Teil der Antwort, ein Anfang der Antwort«, sagte Hummels vorsichtig. Es tue der Mannschaft nach der strapaziösen Asienreise gut, wieder normale Trainingswochen zu haben und nicht mehr so viele nichtsportliche Termine. »Wir haben jetzt eine vernünftige Vorbereitung und werden uns mit jeder Woche unserer Topform nähern.«

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