Google hat ein Sexismus-Problem
Ein anonymer männlicher Mitarbeiter des Konzerns regt mit seinen Thesen das Netz auf
Danielle Browns Schonzeit endete am Wochenende. »Ich habe vor einigen Wochen angefangen«, schrieb die neue Google-Managerin für Diversity am Sonntag den Mitarbeitern des kalifornischen Internetriesen. Sie habe gehofft, dass ihr noch einige Wochen geblieben wären, um im Konzern anzukommen und sich allen vorstellen zu können. »Aber in Anbetracht der erhitzten Debatte, die wir die letzten Tage erlebten, fühle ich mich verpflichtet, einige Worte zu sagen.«
Die Debatte, die Brown anspricht, wurde von einem anonymen Entwickler des Konzern vom Zaun gebrochen und hat übers Wochenende für unzählige Internetbeiträge und Statements auf dem Kurznachrichtendienst Twitter gesorgt. In einem zehn Seiten langen, auf dem IT-Blog »Gizmodo« veröffentlichten Beitrag beschwert sich der männliche Mitarbeiter über die Antidiskriminierungsrichtlinien des Konzerns und die seiner Ansicht nach herrschende Diskriminierung von Konservativen. Den Grund für den geringen Frauenanteil sucht er weniger im ausgeprägten Sexismus der Branche und in soziologischen Gründen, sondern in der Biologie.
Die Empörung im Netz ist groß. »Wenn man an Privilegien gewöhnt ist, fühlt sich Gleichheit wie Unterdrückung an«, schreibt eine Nutzerin auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. »Alle die Eigenschaften, die im Manifest als ›weiblich‹ bezeichnet werden, machen einen guten Ingenieur aus«, erklärt etwa die Unternehmensberaterin Cindy Gallop auf ihrem Twitter-Konto.
Der Text der Mitarbeiters leiste »falschen Annahmen über die Geschlechter Vorschub«, schreibt die Diversity-Managerin Brown. Und: Teil eines offenen und integrativen Umfeld sei es, eine Kultur zu schaffen, in der auch jene mit anderen politischen Sichtweisen sich sicher fühlten, ihre Meinung zu teilen. Doch müssten diese Diskurse im Einklang mit Anti-Diskriminierungsgesetzen und den Gleichstellungsprinzipien des Konzerns stehen. »Vielfältigkeit und Einbindung sind fundamentaler Teil unserer Werte und der Kultur, die wir pflegen«, so Brown.
Dabei muss Google sich derzeit selbst mit Diskriminierungsvorwürfen auseinandersetzen. Und zwar von Seiten des US-Arbeitsministeriums. Seit Anfang des Jahres ist es im juristischen Streit mit dem Konzern um die Herausgabe von Gehaltslisten. Es geht um die Frage, ob Google Frauen systematisch weniger Gehalt bezahlt als Männern. Auf den Verdacht brachten die Behörde Gehaltsabrechnungen aus dem Jahre 2015. Im Juli dieses Jahres lehnte ein kalifornisches Gericht zwar das Ersuchen des Ministeriums auf eine umfängliche Herausgabe von Lohnlisten ab. Dafür verpflichtete es jedoch Google, dem Ministerium Listen aus dem Jahre 2014 auszuhändigen, die Daten von 19 500 Mitarbeitern umfassen.
Der Großteil dieser Mitarbeiter wird vermutlich männlich und weiß sein. Wie der Diversity-Report des Unternehmens zeigt, sind 69 Prozent der Angestellten männlich und 56 Prozent weiß. Weitere 35 Prozent haben einen asiatischen Hintergrund und lediglich vier Prozent einen lateinamerikanischen. Nur zwei Prozent der Google-Mitarbeiter sind Schwarze. Bei den Ingenieursstellen und auf der Führungsebene ist das Missverhältnis sogar noch ausgeprägter: Vier von fünf Entwicklern sind Männer und nur einer unter Hundert hat eine schwarze Hautfarbe. Nur jede vierte Führungskraft ist weiblich, dafür sind mehr als zwei Drittel weiß.
Der Internetriese ist keine negative Ausnahme im Silicon Valley. Auch andere IT-Konzerne haben Probleme mit Diskriminierung unter den Entwicklern, wie deren Diversity-Berichte zeigen. Demnach lag vergangenes Jahr der Frauenanteil bei Apple bei den technischen Berufen bei 23 Prozent, bei Facebook bei 17 und bei Twitter bei 15 Prozent. Der Fahrdienstvermittler Uber machte bis vor kurzem Schlagzeilen wegen heftigster Sexismusvorwürfe und sexueller Übergriffe. Im Juni musste deswegen Uber-Gründer Travis Kalanick sein eigenes Unternehmen verlassen.
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