»Wenn wir gewinnen, renne ich nackt durchs Stadion«

Der Fußball-Drittligist Chemnitzer FC spielt im DFB-Pokal gegen den Rekordmeister Bayern München

  • Florian Krebl und Emanuel Reinke
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Respekt vor dem Rekordmeister ist gigantisch, die Chancen auf das Weiterkommen verschwindend gering. Doch der Traum von der großen Sensation lebt: Der Fußball-Drittligist Chemnitzer FC hofft in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Bayern München am Samstagnachmittag auf das viel zitierte Wunder. »Wenn wir gegen Bayern gewinnen, renne ich nackt durchs Stadion«, versprach Stürmer Daniel Frahn im Vorfeld beim Fernsehsender Sky.

Nicht nur Frahn hat das Pokalfieber gepackt. Schon nach der Auslosung im Juni hatte der gesamte Verein kopf gestanden. »Mein erster Gedanke war ›Ach du Scheiße!‹«, sagte Trainer Horst Steffen am Donnerstag. »Der nächste dann: ›Für die Stadt und das Umfeld ist das ja super.‹ Nach der ersten Reaktion war die Freude dann groß«, so Steffen. Unterstützung erhalten die Himmelblauen auch von CFC-Ikone Michael Ballack. Der ehemalige Kapitän der Nationalmannschaft, der auch für die Bayern spielte, drückt seinem Jugendklub zumindest aus dem Urlaub in Portugal die Daumen.

Einer, der weiß, wie die Überraschung gelingen kann, ist Dennis Grote. 2008 hatte der Offensivspieler seinem damaligen Klub VfL Bochum in der Bundesliga per Kopfball ein 3:3 beim Rekordmeister gerettet, schon ein Jahr davor hatte der Linksfuß die Münchner mit einem Traumtor geärgert. Später gewann er ohne Einsatz gemeinsam mit Manuel Neuer, Jerome Boateng und Mats Hummels 2009 die U21-Europameisterschaft. Seine einstigen Mitspieler wurden anschließend Weltmeister, Grote ging einen anderen Weg. »Es sind schon andere Vorzeichen als damals. Wir sind der klare Underdog. Deswegen ist es für mich etwas Außergewöhnliches«, sagte Grote.

Selbst CFC-Trainer Horst Steffen kennt sich mit Überraschungen gegen den Krösus aus. »Ich habe als Spieler auch schon ein Tor gegen sie erzielt und dann später mal trotz Unterzahl mit Borussia Mönchengladbach in der Nachspielzeit ein 2:2 in München geholt. Danach ging es auf's Oktoberfest«, erzählt Steffen.

Ein Erfolgserlebnis gegen den FC Bayern, so unwahrscheinlich es auch ist, wäre für Grote und die Chemnitzer Gold wert. Der Verein hat bewegte Monate hinter sich. Eine komplette Elf verließ den Verein inklusive Trainer Sven Köhler. Der neue Coach Steffen hatte zunächst viel damit zu tun, die neuen Spieler zu einer funktionierenden Mannschaft zu formen. Bisher noch mit mäßigem Erfolg. In der Liga reichte es in den ersten vier Partien nur zu vier Zählern. All das wäre jedoch mit einem Sieg im Spiel des Jahres vergessen. »Die ganze Stadt, die Fans und die Mannschaft haben so ein Spiel selten. Wir wollen uns nach Kräften wehren und die Gelegenheit nutzen, es für uns als Fest anzunehmen«, sagte der neue Trainer. Die Mannschaft wird außerdem in einem speziell angefertigten Pokaltrikot auflaufen - weiß mit aufgedruckter Spielpaarung und Chemnitzer Stadtwappen.

Zum Saisonstart wirkte das Team noch ausgelaugt. In der Defensive leistete sich die Dreierkette Aussetzer, die gegen die Münchner den sofortigen K.o. bedeuten würden. »Wir wollen kein Pressing spielen. Das wäre sehr vermessen. Wir wollen hin und wieder unsere Nadelstiche setzen«, erklärt Steffen.

Ein anderer Sorgenpunkt war bis vor Beginn der Spielzeit die noch ausstehende Drittligalizenz für die Chemnitzer. Erst kurzfristig garantierte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem DDR-Meister von 1967 die Zulassung für die laufende Saison - wenn auch nur unter harten Lizenzauflagen.

Da kommt der Pokalkracher gegen die Bayern gerade recht. »Das Los ist ein Glücksfall. Das Interesse ist riesengroß und das Stadion ausverkauft«, sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) der »Freien Presse«. 15 015 Zuschauern werden in der Heimarena mit den Chemnitzern zittern. Die rund 160 000 Euro Antrittsgage im DFB-Pokal und deutsche Rekordmeister sind für den klammen Verein ein Segen. »Vielleicht hat es der Fußballgott nach der schweren Zeit einfach gut gemeint mit uns«, sagte Sportvorstand Steffen Ziffert und tönte zugleich selbstbewusst: »Es wird für jeden Gegner eklig sein, in Chemnitz antreten zu müssen.« SID/nd

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