Sprachpolizist Spahn sorgt für Spott: »Poor guy«

CDU-Präsidiumsmitglied findet fremdsprachige Bedienung in Restaurants ganz ganz schlimm / »Wie viele Kellner wohl von Jens Spahn genervt sind?«

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn ist irgendwie genervt davon, dass er in der immer internationaler werdenden Hauptstadt Berlin mit der deutschen Sprache bisweilen nicht mehr weiter kommt. Weil sein Englisch so schlecht ist? Weil man Bockwurst nur auf Deutsch bestellen kann? Nun, so weit, so gut - doch der Unionspolitiker denkt nicht nur so, er muss es auch unbedingt aussprechen. »Mir geht es zunehmend auf den Zwirn, dass in manchen Berliner Restaurants die Bedienung nur Englisch spricht«, sagte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.

Wie es in Osnabrück mit der Sprache der Restaurant-Bedienungen ausschaut, ist nicht bekannt. Aber Spahn will wissen: »Auf so eine Schnapsidee käme in Paris sicher niemand.« Generell, also auch über die Gruppe von Kellnern hinaus, findet der 37-Jährige, dass in Deutschland das Zusammenleben nur gelingen könne, wenn alle auch Deutsch sprechen. »Das sollten und dürfen wir von jedem Zuwanderer erwarten.«

Im Internet sorgte der CDU-Sprachpolizist für entsprechende Reaktionen. »Ja. Dass alle auch Deutsch sprechen oder lernen, das dürfen wir von jedem Zuwanderer erwarten. Von jedem Touristen nicht, @jensspahn«, schrieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Der Chef der FDP in Rheinland-Pfalz, Volker Wissing, twitterte: »Und wie viele Kellnerinnen und Kellner wohl von Jens Spahn genervt sind???« Und Juliane Seifert, Bundesgeschäftsführerin der SPD, schrieb: »I'm feeling so sorry for him. Poor guy.«

Richtig ist wohl: Englisch hört man in der Hauptstadt in vielen Lokalen - vor allem in den so genannten Trend-Vierteln wie Neukölln, Kreuzberg und Mitte. Der Tourismus boomt, und die Stadt hat viele englischsprachige Neubürger, die »Expats«. Ist das ein Problem? Für einige offenbar schon. Auch der Berliner »Tagesspiegel«, Blatt des kleinbürgerlichen Westberlins, hatte im März bereits geschrieben: »Liebe Kellner, euer Englisch nervt!« Der Autor berichtete, dass ihn beim Frühstücken in einem französischen Restaurant in Neukölln die Kellnerin mit »Hello, how are you?« begrüßt habe. In der Tat: Eine Situation nahe am Ausnahmezustand. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.