Merkel für Ausstieg aus Autos mit Verbrennungsmotoren
Kanzlerin legt sich nicht auf Zeitpunkt fest / CDU-Vorsitzende fordert, noch mehr in Ladeinfrastruktur und Technik für E-Autos zu investieren
Berlin. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält einen Ausstieg aus Autos mit Verbrennungsmotoren grundsätzlich für richtig - legt sich aber nicht auf ein Jahr fest. »Ich kann jetzt noch keine präzise Jahreszahl nennen, aber der Ansatz ist richtig«, sagte Merkel in einem Interview der Zeitschrift »Super Illu« auf die Frage, ob es auch für Deutschland sinnvoll sei, wie andere Länder eine »Deadline« festzulegen, ab der keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen werden sollen.
Wenn »wir schnell in noch mehr Ladeinfrastruktur und Technik für E-Autos investieren, wird ein genereller Umstieg strukturell möglich sein«, sagte Merkel. Klar sei zugleich, dass »wir uns bis 2050 sehr ehrgeizige Klimaziele gesetzt haben«. Im Vergleich zu 1990 soll der Ausstoß von Kohlendioxid um 80 bis 95 Prozent reduziert werden. Das sei nur zu schaffen, »wenn auch im Verkehr deutlich weniger CO2 ausgestoßen wird«, sagte Merkel. Elektroautos stoßen anders als Diesel- und Benzinmotoren direkt kein klimaschädliches CO2 aus.
Andere Länder planen, in absehbarer Zeit keine neuen Wagen mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Großbritannien zum Beispiel will den Verkauf von Diesel- und Benzinautos ab 2040 verbieten. Solche Fahrzeuge verursachten Gesundheitsprobleme und schadeten dem Klima, hatte Umweltminister Michael Gove Ende Juli in London erklärt. Eine deutsche Regierungssprecherin sagte damals, ein Diesel- oder Benziner-Verbot stehe derzeit nicht auf der Agenda der Regierung. Andere Länder setzen ebenfalls auf emissionsfreie Neufahrzeuge, etwa Norwegen ab 2025. Indien will ab 2030 nur Elektroautos neu zulassen.
Merkels Herausforderer bei der Bundestagswahl, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, kritisierte Merkels Aussage als Forderung nach einem »Diesel-Verbot«. Andererseits lehne die Kanzlerin eine Quote für Elektroautos in der EU ab. »Frau Merkel hat für die Zukunft der deutschen Automobilindustrie keinen Plan, das ist heute klar geworden«, sagte Schulz am Montag in Berlin.
Der Umweltorganisation Greenpeace geht die Aussage Merkels nicht weit genug: »Ohne konkretes Ausstiegsdatum sind die Aussagen der Kanzlerin zum Verbrenner-Ende nicht mehr als Nebelkerzen im Wahlkampf und helfen weder dem Klima noch der deutschen Autoindustrie«, teilte Benjamin Stephan von Greenpeace mit. »Wenn die Kanzlerin den Autobossen nicht bald ins Lenkrad greift, fahren diese die ganze Branche und die deutschen Klimaziele gegen die Wand.«
Angesichts der hohen Luftverschmutzung in einigen Städten wurde zuletzt vor allem über die Zukunft des Diesels diskutiert. Anfang August sagten deutsche Autobauer zu, selbst »Umstiegsprämien« für Besitzer alter Diesel zu finanzieren. Zudem sollen 5,3 Millionen Fahrzeuge eine neue Software erhalten. Darunter sind 2,5 Millionen Autos von VW, für die nach dem Skandal um Abgasmanipulationen Nachrüstungen angeordnet wurden. Umbauten an Motoren, die teurer und aufwendiger wären, lehnt die Branche ab.
Am Wochenende forderte die Chefin des Umweltbundesamts, Maria Krautzberger, das Dieselprivileg zu überprüfen - also die Begünstigung von Diesel-Kraftstoff bei der Mineralölsteuer. Auch Umweltverbände verlangen, Diesel und Benzin gleich zu besteuern, und damit Diesel an der Tankstelle teurer zu machen als bisher. Die Bundesregierung hält dagegen an der Begünstigung von Diesel-Kraftstoff bei der Mineralölsteuer fest.
»Es gibt keine Pläne, da eine Änderung herbeizuführen«, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Er verwies auf die höhere Kraftfahrzeugsteuer für Diesel-Autos, die der Vergünstigung bei der Mineralölsteuer gegenüberstehe. Auch Merkel machte sich in der am Donnerstag erscheinenden »Super Illu« für das Privileg stark: »Diese Vorteile für Dieselautos gibt es vor allem auch deshalb, weil sie weniger CO2 ausstoßen. Da ist der Diesel besser als der Benzinmotor.« Moderne Dieselautos müssten aber auch die Normen für den Ausstoß von Stickoxid erfüllen. Die Kunden müssten sich darauf verlassen können, dass die versprochenen Umweltwerte auch stimmten. dpa/nd
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