Boston: Zehntausende gegen Rechtsradikale
»Es ist Zeit, etwas zu tun«: Großer Protest gegen kleinen Aufmarsch von Nationalisten und Rassisten - »Botschaft der Liebe, nicht des Hasses«
Berlin. In der US-Metropole Boston haben sich zehntausende Demonstranten einer Kundgebung weißer Nationalisten, Rechtsradikaler und Rassisten in den Weg gestellt. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich am Samstag etwa 40.000 Menschen an dem Protest, während nur ein paar Dutzend rechte Demonstranten aufmarschierten - die ihre Aktion angesichts der Gegenproteste bald abbrachen. Auf Luftbildern war zu sehen, dass die Gegendemonstranten eine der Hauptstraßen von Boston über mehrere Häuserblocks hinweg füllten. Die Ostküstenmetropole ist eine Hochburg der Demokraten.
»Es ist Zeit, etwas zu tun«, sagte Teilnehmerin Katie Zipps. Ein Mann hielt ein Schild hoch, auf dem stand: »Hört auf zu behaupten, dass Eurer Rassismus Patriotismus ist«. Auf einem anderen stand zu lesen: »Muslime willkommen, Rassisten raus«.
Die rechten Demonstranten hatten ihre Kundgebung als Demonstration für die Meinungsfreiheit angemeldet. Sie wurden von der Polizei durch die Menge der Gegendemonstranten eskortiert und beendeten ihre Kundgebung eine halbe Stunde früher als angekündigt.
Einige antirassistische Kundgebungsteilnehmer warfen der Polizei empört vor, »Nazis« zu schützen, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Die Gegendemonstranten buhten die Rechten auf ihrem Weg zur Kundgebung aus. In Sprechchören wandten sie sich gegen »Faschisten« und den rassistischen Ku Klux Klan. Größere Zusammenstöße wie eine Woche zuvor in Charlottesville im Bundesstaat Virginia blieben in Boston aus. Die Polizei berichtete von vereinzelten Rangeleien mit Demonstranten, Kundgebungsteilnehmer hätten Polizisten mit Flaschen und Steinen beworfen. Es wurden jedoch keine Verletzten oder größere Sachschäden gemeldet.
Zu der Kundgebung in Boston hatten mehrere Gruppierungen vom rechten Rand aufgerufen. Die Stadtverwaltung verbot vorsichtshalber das Tragen jeglicher Waffen im Bereich der Kundgebungen. Sie stellte Barrieren auf, um Anschläge mit Autos - etwa nach dem Vorbild von Charlottesville - zu verhindern.
Die rechten Demonstranten stießen auch bei Bostoner Geschäftsleuten auf Widerstand. Einige Cafés und Restaurants kündigten an, die rechten Demonstranten nicht zu bedienen. Auf einem Schild an einem Lokal hieß es: »Wir hoffen, Ihr Nazis habt Euch ein Mittagessen eingepackt.« Mehrere Lokale wollten ihre Tageseinnahmen an linksgerichtete Organisationen spenden.
Der Bürgermeister von Boston, Marty Walsh, zeigte sich erleichtert über den weitgehend friedlichen Verlauf der Demonstrationen. Er dankte den Gegendemonstranten für ihre »Botschaft der Liebe, nicht des Hasses« und ihren Einsatz gegen den Rassismus und Antisemitismus von Verfechtern einer weißen Vorherrschaft und »Nazis«.
Bostons Polizeichef William Evans sagte bei einer abschließenden Pressekonferenz, 27 Menschen seien festgenommen worden - zumeist wegen Tätlichkeiten und Störung der öffentlichen Ordnung. »Wir hatten Leute, die hierher kamen, um Probleme zu machen«, sagte Evans. Insgesamt sei die Polizei damit aber »wirklich gut« umgegangen.
US-Präsident Donald Trump würdigte auch den Einsatz der Polizei. »Sieht so aus, als seien viele Anti-Polizei-Agitatoren in Boston«, schrieb der Präsident im Kurzmitteilungsdienst Twitter. »Die Polizei wirkt hart und geschickt.« Als die Gegendemonstranten bereits auseinander gingen, fand Trump auch ein Lob für sie. »Ich möchte den vielen Demonstranten in Boston applaudieren, die gegen Fanatismus und Hass ihre Stimme erheben«, schrieb er auf Twitter. »Unser Land wird bald als eines zusammenkommen.«
In der vergangenen Woche hatte Trump einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, weil er sich nicht klar von den rechten Demonstranten in Charlottesville distanzierte. Dort hatte vor einer Woche ein 20-jähriger Neonazi sein Auto in die Gegenkundgebung gesteuert und eine 32-jährige Gegendemonstrantin getötet. Agenturen/nd
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