Wenn alle Autobesitzer gleichzeitig laden
Stromnetz in Süddeutschland ist auf den gewünschten Boom von E-Mobilen nicht vorbereitet
München. Das Stromnetz in Bayern und Baden-Württemberg ist nach Brancheneinschätzung nicht auf die erwartete Verbreitung von Elektroautos und Wärmepumpen vorbereitet. Die Energiewirtschaft geht davon aus, dass in Zukunft deutlich höhere Lastspitzen auftreten als bisher, heißt es bei den Verbänden in den beiden wirtschaftsstarken Bundesländern. Zugleich geht die im Süden produzierte Strommenge zurück.
Die vier Übertragungsnetzbetreiber erwarten, dass die Stromproduktion nach der Abschaltung des letzten Atomkraftwerks 2022 deutlich unter dem Bedarf liegen wird. Laut Netzentwicklungsplan wird Süddeutschland zwischen einem Viertel und der Hälfte des Strombedarfs aus anderen Bundesländern oder dem Ausland importieren müssen. Doch die geplanten Höchstspannungstrassen von Nord- und Ostdeutschland nach Süden dürften frühestens 2025 fertig sein.
Dabei wollen die Südländer Vorreiter bei der Elektromobilität sein. Die dort angesiedelten Autohersteller Daimler, BMW und Audi investieren Milliarden in Elektroautos. Doch die damit verbundene Energiewende hat eine unerfreuliche Folge: »Wenn alle sieben Millionen Autos in Bayern elektrisch fahren würden, hätten wir einen um 20 bis 25 Prozent höheren Strombedarf«, meint Detlef Fischer vom Verband der Bayerischen Energiewirtschaft. »Und wenn sämtliche bayerischen Haushalte ein Elektroauto hätten und alle gleichzeitig abends auf die induktive Ladeplatte fahren würden, bräuchten wir eine Leistung von 77 Gigawatt.« Der derzeit höchste Leistungsbedarf liegt bei 12,5 Gigawatt. Das werde zwar so nicht eintreten, sagt Fischer, »weil die Akkus größer werden und daher die Fahrzeuge nicht jeden Abend laden werden«. Das Beispiel zeige aber die Dimension der Aufgabe.
Für den Normalfall erwarten die Fachleute keine Probleme bei der Versorgung. Fischer hält aber Stromknappheit nicht für ausgeschlossen: »Möglicherweise wird man an manchen Tagen ›anordnen‹ müssen, ihr müsst jetzt weniger Strom verbrauchen.« dpa/nd
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