Nach Fall Akhanli fordern Politiker Konsequenzen für Interpol

Grüne: Internationaler Polizeiarbeit fehlt es an »effektiven Kontrollmechanismen« / LINKE: Hunko beklagt gravierende Mängel des Systems

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach der vorübergehenden Festnahme des Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien fordern Politiker fast aller Parteien Konsequenzen für die Arbeit der internationalen Polizeiorganisation Interpol. »Dass die Türkei Interpol missbraucht hat, um einen missliebigen Oppositionellen im europäischen Ausland verhaften zu lassen, ist besorgniserregend«, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) der »Rheinischen Post« (Dienstag). »Wir müssen jetzt gemeinsam mit allen Interpol-Behörden prüfen, wie so etwas künftig verhindert werden kann.«

Auch der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) plädierte für Änderungen. »Interpol ist kein Selbstbedienungsladen«, sagte er dem Blatt. Interpol und auch die Länder, die vermeintliche Straftäter ausliefern sollen, müssten künftig sehr genau hinsehen.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag), bei der Zusammenarbeit mit Staaten wie der Türkei, die keine rechtsstaatlichen Standards wahrten, würden »effektive Kontrollmechanismen« benötigt, damit sie die Möglichkeiten von Interpol nicht missbräuchlich nutzten.

Der LINKEN-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko beklagte »gravierende Mängel des Interpol-Systems«. Er plädierte dafür, bei Interpol eingereichte Fälle eingehend und effektiv zu prüfen. Dazu brauche Interpol vor allem deutlich mehr Personal.

Der türkischstämmige Schriftsteller, der allein die deutsche Staatsangehörigkeit hat, war am Wochenende auf Betreiben der Türkei in Madrid gefasst und unter Meldeauflagen wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass der Beschuldigte ausgeliefert wird. »Wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass unter diesen Umständen (...) eine Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen in die Türkei in Betracht kommt«, sagte am Montag der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer.

Schäfer bezog sich insbesondere auf »den Zustand des Rechtsstaats in der Türkei, aber auch die Vorwürfe, die in diesem Fall gemacht werden, die nach politischer Verfolgung geradezu riechen«. Dies habe die deutsche Botschaft bereits am Samstag kurz nach der Festnahme gegenüber der spanischen Regierung klar gemacht.

Auch Akhanlis Anwalt Ilias Uyar äußerte sich in dieser Hinsicht zuversichtlich. »Wir haben stichhaltige Argumente dafür, dass mein Mandant Opfer eines konstruierten Falles geworden ist«, sagte er der »Passauer Neuen Presse« (Dienstag). Zudem sei die Menschenrechtslage in der Türkei derzeit »so desolat, dass seine Auslieferung an das Land nicht zu verantworten wäre«.

Am Montag hatte sich der Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli in Madrid vor Journalisten geäußert. »Ich hoffe, dass alles gut ausgeht«, sagte Akhanli. Er betonte: »Eine Auslieferung wäre nicht nur für mich eine Katastrophe, es wäre auch für Spanien eine Katastrophe.«

Akhanli räumte aber ein, er sei ob seiner Lage beunruhigt, und er appellierte an die spanischen Behörden: »Dass ein demokratisches Land, das sich so lange mit Faschismus auseinandergesetzt hat, jemanden an ein Land ausliefert, das gerade in Richtung des klassischen Faschismus geht, das wäre tragisch.« Der Autor warnt vor einem »juristischen und politischen Skandal«.

»Das ist tatsächlich für mich eine erschreckende Erfahrung, weil ich gedacht habe, dass ich in europäischen Händen in Sicherheit bin und dass die langen Hände der Willkür und Arroganz nicht bis dahin reichen können«, erklärte der 60-Jährige. »Dass das der Fall war, dass ich in Europa nicht in Sicherheit bin, hat mich schockiert.« Agenturen/nd

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