Was macht einen zum »Linksextremisten«?

G20-Akkreditierungen: Ein weiterer Redakteur des »nd« steht auf der Liste der nachträglich ausgeschlossenen Journalisten

  • Samuela Nickel
  • Lesedauer: 3 Min.

Links sein und gleichzeitig Journalist – schließt das aneinander aus? Diese Frage stellt sich derzeit ein Journalist des »neuen deutschland«. Neben der »nd«-Redakteurin Elsa Koester stand auch er auf der Liste des Bundeskriminalamts (BKA) von Medienvertretern, denen beim G20-Gipfel nachträglich die Akkreditierung wieder entzogen wurde.

Lange war unklar, wer genau Teil dieser Liste war. Der Redakteur des »nd« stellte aus diesem Grund Ende Juli eine Anfrage an das BKA, ob er darauf aufgeführt sei und wenn ja, mit welcher Begründung. Nun kam die Antwort der Behörde: Polizeilich liege gegen den Journalisten nichts vor. Das BKA habe keine Daten über ihn gespeichert.

Man habe allerdings auch bei »anderen Sicherheitsbehörden« angefragt, schreibt das BKA in dem Bescheid. Und zwar werfe das Landesamt für Verfassungsschutz Berlin dem Journalisten vor »langjähriger Aktivist der linksextremistischen Szene Berlins« gewesen zu sein.

»Was macht mich für den Verfassungsschutz zum Linksextremisten?«, fragt sich der »nd«-Kollege und will nun erstmal weitere Antworten erhalten. Er erwägt eine Klage, will zuerst aber beim Landesamt für Verfassungsschutz genauere Auskünfte einholen.

Begründet wurde der Entzug der Akkreditierung von 32 Journalisten beim G20-Gipfel mit Einschätzungen der Sicherheitsbehörden. Wie die ARD am Mittwoch berichtet, speichert das Bundeskriminalamt möglicherweise illegal Daten zu mehr als einer Million angeblicher Straftaten. Dies sei besonders bei Journalisten und Journalistinnen problematisch, da diese unter dem Schutz der Medienfreiheit stehen.

Der »nd«-Journalistin Elsa Koester teilte das Bundeskriminalamt in seinem Bescheid mit, dass die Daten auch ihre Mitgliedschaft in einem »gewaltbereiten bzw. gewaltbefürwortenden Beobachtungsobjekt« zeigten. Damit sei wohl ihre Mitgliedschaft bei Interventionistischen Linken gemeint, wie die Journalistin selbst in einem Bericht des »nd« vermutet.

Die Interventionistische Linke (IL) ist ein Zusammenschluss von Gruppen und Einzelpersonen in Deutschland und Österreich, die sich als linksradikal bezeichnen. Bei den Gipfeltagen in Hamburg war die IL an der Vorbereitung zur »G20 not welcome«-Demonstration beteiligt.

Gegründet wurde die Interventionistische Linke 2005 im Vorfeld der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm als Bündnis aus verschiedenen Gruppierungen. Sie wirkte an der Etablierung neuer Protestformen mit, wie beispielsweise kollektiv organisierte massenhafte Aktionen des »zivilen Ungehorsams«. Der Verfassungsschutz ordnet die IL laut einem Bericht von 2015 den »Gruppen des gewaltorientierten linksextremistischen Spektrums« zu.

Die Absicht der IL ist es, bei ihren Aktionen möglichst vielen Menschen das Mitmachen zu ermöglichen, wie es auf ihrer Website heißt. Maßgeblich von der IL mitgetragene Kampagnen waren die Massenblockaden gegen den G8-Gipfel 2007, die vom Bündnis »Dresden Nazifrei!« organisierten Massenproteste gegen den jährlichen Neonazi-Aufmarsches, Aktionen mit »Castor? Schottern!« gegen die Transporte radioaktiver Brennstäbe ins Zwischenlager in Gorleben, die Blockupy-Krisenproteste und Proteste gegen den Braunkohleabbau unter dem Motto »Ende Gelände« in der Niederlausitz und aktuell im Rheinland.

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