Abgehalfterte auf Wahlkampftour
Guttenberg und Schröder versuchen eine Rückkehr in die Politik - und fallen mit unglücklichen Auftritten auf
»Jetzt ist auch mal irgendwann gut«, sagte Karl-Theodor zu Guttenberg am Mittwochabend im oberfränkischen Kulmbach zu den zahlreich erschienen Gästen. Die Debatte um seine mit Plagiaten gespickte Doktorarbeit sei nun beendet, erklärte der Politiker, der 2011 aufgrund des daraus entstandenen Skandals als Verteidigungsminister zurücktreten musste. Extra aus den USA war er schließlich angereist, um den Wahlkampf der CSU zu unterstützen.
In seiner bayrischen Heimat wurde er mit offenen Armen empfangen. Hier hatte man es dem Blaublüter längst verziehen, dass er es nicht so genau mit wissenschaftlichen Standards und der Wahrheit nahm. »Welcome in Bavaria Karl Theodor« und »KT für Bayern und Berlin« stand auf Plakaten der rund 1100 Besucher, die von dem Politiker in der Stadthalle der Kleinstadt eine Klartextrede verlangten. Auch seine Frau Stephanie und sein Vater waren gekommen.
Unter diesen Bedingungen sollte es nicht schwer fallen, die Bilder für eine fulminante Rückkehr zu bekommen, mag Guttenberg sich gedacht haben. Dabei war der Baron in den USA recht umtriebig. Er betätigte sich unter anderem als Berater für die Lufthansa, als Berater für ein digitales Zahlungsnetzwerk sowie als Lobbyist für das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada. Er habe sich in den USA in den vergangenen Jahren etwas aufgebaut, erklärte der Politiker in Kulmbach.
Der CSU-Chef Horst Seehofer wäre offenbar dennoch bereit, Guttenberg seinen Einsatz im Wahlkampf mit einem Posten zu danken, wie er gegenüber Medien durchblicken ließ. »Alle, die sehr aktiv Wahlkampf machen, das Risiko eingehen, die sollen dafür auch belohnt werden, wenn es gut läuft«, sagte der CSU-Chef. Allerdings habe sich Guttenberg ja selbst noch nicht entschieden, ob er wieder stärker einsteigen wolle. Laut einer vom »Focus« veröffentlichten Umfrage sind 54 Prozent der Unionsanhänger für eine Rückkehr Guttenbergs auf die politische Bühne.
Dass er sich in seinem Stil treu bleibt, bewies der 45-Jährige dann sogleich in seiner Rede. »Alte Liebe rosneft nicht«, spottete Guttenberg vermeintlich schlagfertig über das Engagement des Altkanzlers Gerhard Schröder (SPD) bei dem russischen Energiekonzern. Es gab Lacher, doch schon wieder hatte Guttenberg geklaut. Später kam nämlich raus: Der Satz entstammte einer Titelzeile der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Sebastian Reuter, Redakteur der Zeitung, kommentierte: »Einmal Plagiator, immer Plagiator.«
Altkanzler Schröder verteidigte derweil seine Entscheidung, in den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft einzuziehen. »Es geht um mein Leben, und darüber bestimme ich - und nicht die Presse«, sagte der Politiker am Mittwochabend bei einem Wahlkampfauftritt im niedersächsischen Rotenburg an der Wümme. Er wolle helfen, die Energiesicherheit Deutschlands und Europas zu sichern.
Die Entscheidung Schröders hatte vor allem bei der Union Kritik ausgelöst - auch weil Rosneft wegen der russischen Beteiligung am Konflikt in der Ostukraine mit EU-Sanktionen belegt worden ist. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz distanzierte sich von Schröders Plänen. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hingegen stellte sich hinter Schröder und warf der Union eine bewusste Skandalisierung vor.
Ob er bei dem Ölriesen den Vorsitz des Aufsichtsrates übernehmen soll, wie russische Medien berichteten, ließ Schröder zunächst offen. Der Sozialdemokrat erklärte zu seinen Beweggründen, es sei nicht vernünftig, Russland zu isolieren. »Die Dämonisierung Russlands hilft keinem.« Zudem seien auch British Petroleum , Katar oder Glencore an dem Ölkonzern beteiligt.
Schröder ist seit dem Ende seiner Politikerkarriere Vorsitzender des Aktionärsausschusses für die Ostsee-Pipeline Nord Stream. Der russische Staatskonzern Gazprom hält die Mehrheit an dem Konsortium. Schon während seiner Amtszeit erhielt Schröder von Medien aufgrund seiner Nähe zu Wirtschaftsgrößen den Spitznamen »Genosse der Bosse«. Mit Agenturen
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