Region Aachen verteilt Jod-Tabletten

Vorsorge für Ernstfall im maroden belgischen Atommeiler Tihange

  • Lesedauer: 2 Min.

Aachen. In der Region Aachen beginnt am Freitag die vorsorgliche Verteilung von Jodtabletten für den Fall eines Atomunfalls. Wegen der Nähe zum umstrittenen belgischen Kernkraftwerk Tihange hatte die Region beim Land Nordrhein-Westfalen darauf gedrungen, die Bevölkerung schon jetzt mit den Tabletten zu versorgen. Politik und Verwaltung bezweifeln, dass dies im Ernstfall rechtzeitig gelingen kann. Die hoch dosierten Jodtabletten sollen verhindern, dass die Schilddrüse radioaktives Jod aufnimmt.

Die Vorabverteilung ist bisher nur in Ausnahmefällen und für einen sehr eng begrenzten Bereich zugelassen worden. Bundesweit werden die Tabletten zentral gelagert und nur im Bedarfsfall ausgegeben. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass die Tabletten zu früh eingenommen werden und nicht wirken.

In Stadt und Städteregion Aachen und drei angrenzenden Kreisen können Menschen, die 45 Jahre und jünger sind, Schwangere und Stillende Bezugsscheine über einen Link im Internet beantragen. Damit bekommen sie bei beteiligten Apotheken kostenlos Jodtabletten.

Damit sie vor Schilddrüsenkrebs schützen, dürfen die Tabletten nur nach einem entsprechenden öffentlichen Aufruf eingenommen werden. Die Strahlenschutzkommission rät über 45-Jährigen von den Jodtabletten ab. Das Risiko von Nebenwirkungen sei dann höher als das Risiko, später an Schilddrüsenkrebs zu erkranken.

Die Sicherheit des belgischen Kernkraftwerks Tihange ist wegen Tausender Mikrorisse an Meiler 2 umstritten. Für die Abschaltung macht sich ein breites Bündnis aus Politik, Gesellschaft und Kommunen stark. Die Städteregion Aachen klagt vor belgischen Gerichten gegen den Betrieb von Tihange 2, unterstützt von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und über 100 Kommunen aus der Grenzregion. Zuletzt hatten im Juni Tausende mit einer 90 Kilometer langen Menschenkette »Stop Tihange« gefordert.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, warf der Bundesregierung vor, sich nicht entschieden genug für die Abschaltung von alten Atomkraftwerken in den Nachbarländern einzusetzen. Insbesondere bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei nicht erkennbar, »dass sie auch nur den kleinen Finger für die Abschaltung der tickenden Zeitbomben rührt«, sagte sie der »Heilbronner Stimme«. dpa/nd

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