Artefakte und Phrasen
Tobias Riegel über Humboldt-Forum und Provenienz-Forschung
Was soll man dagegen sagen, wenn Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nun in großen Worten die Erforschung des Erbes des deutschen Kolonialismus als »historische Verpflichtung« beschreibt und den an der Forschung Beteiligten eine nicht näher definierte »Unterstützung« durch den Bund zusichert. Besser spät als nie. Auch dass die Erfahrungen mit der Nazi-Raubkunst genutzt werden sollen, ist gut, wenn auch selbstverständlich. Ein Aspekt, auf den Grütters’ wolkige »Initiative« ein Licht wirft, ist dagegen ernüchternd: Es wurde, zwei Jahre vor Eröffnung des Humboldt-Forums, auf dem Gebiet der Provenienz-Forschung kaum etwas (konkret vorweisbares) erreicht - und nicht einmal das weiß man genau: Das Herzstück von Grütters’ Vorhaben ist eine Studie über den derzeitigen Stand der Forschung zur kolonialen Vergangenheit, denn »wir wollen einen Überblick bekommen, was derzeit alles schon geschieht«, gesteht Grütters ihre Unwissenheit ein. Das wortreiche Prozedere nährt den Verdacht, dass sich die Bearbeitung des komplexen Themas Provenienz bislang in Phrasendrescherei erschöpft. Da scheint Grütters’ Vorstoß die Kritik der aus der Expertenkommission des Humboldt-Forums ausgetretenen Bénédicte Savoy eher noch zu belegen: »Humboldt, Provenienz, Multiperspektivität, Shared Heritage«, das seien doch nur Schlagwörter, »die da verkauft werden«.
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