Null Risiko für Betrüger

Eine Laborstudie zeigt, dass Tests auf Motordoping bei Rennrädern leicht manipuliert werden können

  • Tom Mustroph, Suances
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Tester testen. Aber können sie auch finden? Seit Jahren wird über den neuesten Betrugstrend im Radsport spekuliert - nicht durch Pharmazie, sondern durch Technik: Motordoping. Einer Recherche der italienischen Zeitung »Corriere della Sera« und des französischen Fernsehsenders France 2 zufolge weisen die Tests auf solche verbotenen Motoren, die der Weltradsportverband UCI vornimmt, große Lücken auf. Die Journalisten hatten sich eines jener Tablets besorgt, mit denen Kontrolleure vor und nach den Profirennen die Rahmen und Laufräder der Fahrer scannen, und ließen es im Fraunhofer Institut Saarbrücken untersuchen.

Immerhin: Das Tablet erkannte bei einem Kontrolltest zunächst einmal ein weiteres Gerät gleicher Bauart. Auch da steckt ja Metall drin - wie in Elektromotoren und deren Batterien. Bei der Untersuchung am Rad waren die Ergebnisse allerdings weniger erfolgreich. Die Metalldetektorskala von 0 bis 10 schlug zwar immer wieder aus. Oft waren aber nur erlaubte Metallelemente die Ursache. »Eine Vielzahl von falsch positiven Ergebnissen« kritisierte der Kommentator des TV-Senders nun. Motoren fand das Gerät nicht - selbst wenn sie da waren! Schon ein handelsüblicher Magnet sorgte offenbar für eine Veränderung des Magnetfelds, so dass die Sensoren stur den Wert Null angaben.

Das Fraunhofer Institut bürgt für die Seriosität der Studie. Die UCI schweigt seit Tagen dazu. Zuvor hatte sie betont, schon mehr als 40 000 Tests ausgeführt zu haben. Dabei fand sie aber nur bei der belgischen Cross-Juniorin Femke Van Den Driessche einen Motor. Entweder die Betrüger kennen also die Schwachstellen, die in der Studie aufgedeckt wurden, oder die UCI hat Recht, und es betrügt einfach niemand.

Bei der Spanienrundfahrt wird jedenfalls weiter mit dem alten Verfahren getestet. »Ja, an manchen Tagen sind die Kontrolleure hier mit ihren Tablets aufgetaucht«, bestätigte Movistars Teamchef Eusebio Unzue dem »nd«. Der Spanier hofft noch, dass die Kontrollen wirksam sind. »Ich bin für alles, was für gleiche Bedingungen unter den Sportlern sorgt.« Die Abschreckung müsse aber wirken.

Ob er daran glaube, ließ er lieber offen. Alexander Shefer, sportlicher Leiter der Mannschaft Astana, zeigte sich da schon viel direkter. »Ich halte die ganze Sache mit den Tablets für völligen Quatsch. Wir denken alle so. Ich bin kein Experte. Aber wie die Kontrolleure mal schnell mit dem Tablet über die Räder wischen: Das ist doch Pseudowissenschaft«, meinte der Kasache zu »nd« und lachte. Gleichwohl glaubt er nicht daran, dass gegenwärtig Motoren im Einsatz seien. »Früher vielleicht, aber jetzt: Nein, da stünde die ganze Existenz eines Rennstalls auf dem Spiel«, so Shefer. Ähnliches wird jedoch auch immer wieder übers klassische Doping gesagt.

Das Risiko, erwischt zu werden, erscheint beim Motordoping sogar kalkulierbarer. Dabei gibt es neue erfolgversprechendere Technologien, sie Hilfsmittel in den Rahmen aufzuspüren. Das Fraunhofer Institut etwa verfügt über empfindlichere Scanner für Magnetfelder. Und an der Universität Antwerpen entwickeln Ingenieure gegenwärtig ein Verfahren, um mit Hilfe von Wärmekameras gezielt Motoren in Karbonrahmen zu finden. »Wir setzen spezielle Infrarotkameras ein, die die Hitzeproduktion messen«, , erklärt Gruppenleiter Gunter Steenackers. Schließlich produziere so ein Motor nicht nur Energie, die das Rad antreibt, sondern auch Wärme. Die Kameras sind hochempfindlich. Sogar eine Integration der Technik in die Zielfotoapparatur sei denkbar. »Wir machen 200 Bilder pro Sekunde. Bei so vielen Bildern sollte man die Motoren entdecken, weil das Rad auf mehreren Bildern zu sehen sein wird«, prognostiziert Steenackers. Sein Team steht mit der UCI in Verbindung. Über eine Zielfoto-Wärmekamera sei dabei noch nicht explizit gesprochen worden.

Die Glaubwürdigkeit der Motorentests ist mittlerweile sogar zum Streitpunkt im Wahlkampf um die nächste UCI-Präsidentschaft geworden. Der britische Amtsinhaber Brian Cookson hält sklavisch an der unter seiner Ägide entwickelten Methode fest, Herausforderer David Lappartient aus Frankreich zeigt sich hingegen für die neuen Technologien offen. Er wolle bei einem Wahlsieg Röntgentests und Wärmekameras überprüfen lassen. Die Abstimmung findet während der WM Mitte September in Bergen statt.

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