Das nächsten Bruderpaar steht schon bereit
Deutschlands Viertelfinalgegner Spanien besticht bei der Basketball-EM mit einer perfekten Mischung aus Jung und Alt
Rein optisch passt Ricky Rubio nicht auf den Basketballcourt. Mit seinem hippen Zottelbart, den tätowierten Armen und den langen Haaren passt der Aufbauspieler der spanischen Nationalmannschaft eher nach Prenzlauer Berg, als Barista in einem Berliner Szene-Café. Doch Rubio serviert hauptberuflich keinen Espresso, sondern Pässe - mit einer Portion Genialität statt Sojamilch. Rubios Spielstil ist spektakulär, seine Tricks in unzähligen Highlight-Videos im Internet festgehalten.
Der 26-Jährige ist einer der besten Aufbauspieler Europas und zeigt sein Können dieser Tage beim EM-Topfavoriten Spanien. Er ist der Rhythmusgeber im Angriff des Titelverteidigers. Am Dienstagabend trifft er in dieser Rolle im Viertelfinale in Istanbul auf Deutschland. Alles andere als ein Sieg der Iberer wäre eine Überraschung, nicht nur Rubio wegen. »Wir sind klarer Außenseiter«, sagt Karsten Tadda zur Ausgangslage für die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB). Obwohl Spanien nicht in Bestbesetzung aufläuft, orchestriert Ricky Rubio das mit Abstand bestbesetzte Team des Turniers: Alle zwölf Spieler verfügen über internationales Spitzenniveau. Die bisherigen sechs EM-Gegner wurden mit durchschnittlich 27 Punkten Vorsprung bezwungen.
Großen Anteil daran hat das Bruderpaar Pau und Marc Gasol, mittlerweile 37 und 32 Jahre alt. Die beiden NBA-Center gewannen gemeinsam zwei olympische Silbermedaillen, einen WM- und zwei EM-Titel; nur den jüngsten Triumph, bei der Europameisterschaft 2015, musste Pau ohne seinen jüngeren Bruder erringen, der sich damals eine Auszeit genommen hatte.
Nun könnten die Gasols in der Türkei ihren letzten Erfolg im Duett feiern - um Pau halten sich seit Jahren Rücktrittsgerüchte, die WM in China 2019 könnte für ihn zu spät kommen. Noch allerdings zeigt er sich in bestechender Form, ist mit 15,6 Punkten pro Partie Spaniens EM-Topscorer. »Die Mannschaft spielt sehr viel über die Gasol-Brüder«, sagt auch DBB-Cheftrainer Chris Fleming. »Wir müssen sehen, wie wir das unter unserem Korb verteidigt bekommen.« Dort hatte bislang noch kein Team bei der EM ein probates Mittel gegen das Starduo aus demselben Elternhaus gefunden.
Finden die Gasols mal keine Möglichkeit zu punkten, warten hinter der Dreierlinie mit Rubio, Sergio Rodriguez und Kapitän Juan Carlos Navarro sichere Distanzwerfer. Navarro, einst der wohl beste Scharfschütze Europas, ist wie Pau Gasol aber schon 37, nach der EM ist definitiv Schluss in der Nationalmannschaft.
Sorgen um die Zukunft braucht sich Spanien deshalb aber nicht zu machen. Schließlich steht mit Willy (23) und Juancho Hernangomez (21) bereits das nächste Bruderpaar bereit, das Erbe der Gasols anzutreten. »Pau und Marc reden viel mit uns, teilen ihre Erfahrungen«, sagt Juancho, der wie sein Bruder bereits in der NBA spielt. »Sie sind lebende Legenden.« Schon jetzt zählen die beiden gebürtigen Madrilenen zu den Leistungsträgern: Juancho Hernangomez ist nach Pau Gasol zweitbester Punktesammler, Willy holt die meisten Rebounds.
»Spanien ist einfach überragend besetzt«, sagt Nationalspieler Karsten Tadda angesichts der schweren Aufgabe im Viertelfinale. Aber: »Wir werden uns nicht von Anfang an geschlagen geben.« Für Chris Fleming, der im Falle einer Niederlage seine letzte Partie als DBB-Trainer absolvieren wird, ist vor allem das Tempo entscheidend, mit dem seine Mannschaft agiert: »Es ist extrem wichtig, wie schnell wir nach vorne kommen können.«
Die Spanier wollen Schnellangriffe der Deutschen unterbinden, indem sie Dennis Schröder nicht zur Entfaltung kommen lassen. »Wir müssen als ganze Mannschaft gegen ihn verteidigen«, sagt Marc Gasol. »Gegen Schröder muss man 40 Minuten lang arbeiten.« Die Deutschen wiederum können sich keinen Einzelspieler herauspicken, müssen auf alle Spanier acht geben. Nach dem ersten EM-Viertelfinaleinzug seit zehn Jahren sei aber auch das keine unlösbare Aufgabe, meint Kapitän Robin Benzing: »Wir können jeden ärgern, jeden schlagen.« So lange sich das Team nicht von Ricky Rubios Aussehen oder seinen vielen Tricks irritieren lässt.
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