Mietkosten belasten Menschen in Großstädten immer stärker
Neue Studie legt offen: Jeder vierte Haushalt muss mehr als 30 Prozent des Einkommens fürs Wohnen ausgeben
Düsseldorf. Vier von zehn Haushalten in deutschen Großstädten müssen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das entspricht etwa 5,6 Millionen Haushalten, wie eine am Mittwoch vorgestellte Untersuchung der 77 deutschen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern durch die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ergab. In gut einer Million Haushalte geht sogar mehr als die Hälfte des Einkommens für die Miete drauf.
Die mittlere Mietbelastung in den Großstädten liegt bei 27 Prozent, wie die Studie ergab. Dabei gibt es hohe Unterschiede in den Städten: Während die Mieter in Chemnitz durchschnittlich nur 20,9 Prozent ihres Nettoeinkommens für Miete und Nebenkosten aufwenden müssen und dort auch die Quadratmeterpreise im Vergleich am geringsten sind, liegt die Belastung in Bonn bei 30,3 Prozent. Diesem Spitzenwert nähern sich auch Neuss (30,1 Prozent), Köln (29,3 Prozent), Düsseldorf (29,2 Prozent) und Bremen (29,1 Prozent).
Vergleichsweise weniger ihres Einkommens aufwenden müssen Verbraucher außer in Chemnitz auch in Heidelberg (21,4 Prozent), Wolfsburg (21,9 Prozent) sowie in den ostdeutschen Städten Leipzig, Dresden und Jena (jeweils knapp 23 Prozent).
Die Forscher stellten zudem gravierende Unterschiede zwischen reicheren und ärmeren Haushalten bei der Belastungsquote fest: Während Haushalte mit höherem Einkommen durchschnittlich 17,2 Prozent davon für die Bruttokaltmiete aufwenden müssen, sind es bei den Haushalten an der Armutsgrenze 39,7 Prozent. In 54 der 77 untersuchten Städte müsse zudem durch wachsende Einwohnerzahlen von einem »angespannten Wohnungsmarkt« ausgegangen werden. Für ihre Studie untersuchte die Hans-Böckler-Stiftung Daten des Mikrozensus 2014.
Über Jahrzehnte in Deutschland gepflegte sozialpolitische Ansätze, beim Wohnen »Einkommensunterschiede zu mildern und einen Beitrag zur sozialen Kohäsion zu leisten« hätten sich »weitgehend aufgelöst«, erklärte der Soziologe Henrik Lebuhn von der Berliner Humboldt-Universität, Hauptautor der Studie. Die Wohnbedingungen seien damit nicht nur ein »Spiegel bestehender Ungleichheit«, sondern trügen auch selbst durch die hohe Mietkostenbelastung zu einer wachsenden Ungleichheit bei.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt forderte vor diesem Hintergrund eine »echte Mietpreisbremse, weniger Mieterhöhungsmöglichkeiten und einen gemeinnützigen Wohnungsmarkt«. Bezahlbare Mieten seien die Voraussetzung, um überhaupt etwas für die eigene Wohnung ansparen zu können, fügte sie hinzu. AFP/nd
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