Bautzner Vizelandrat spricht mit weiterem NPD-Mitglied

CDU-Politiker Witschas räumt Gespräch mit Kreisvorsitzenden der rechtsradikalen Partei ein / Kreistag entscheidet über Abwahlantrag

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Was würden Sie tun? Sie sind CDU-Vizelandrat eine Kreises in der sächsischen Oberlausitz und eines Tages klopft ohne Ankündigung der örtliche NPD-Vorsitzende an ihrer Bürotür. Lass Sie ihn eintreten? Der umstrittene CDU-Politiker Uwe Witschas hat dies getan – schon wieder.

Wie der MDR Sachsen berichtet, empfing der Bautzner Vizelandrat nur eine Woche nach dem mehrstündigen Gespräch mit dem Rechtsradikalen Marco Wruck auch dessen Nachfolger im Amt des NPD-Kreisvorsitzenden Jürgen Kühn. Das Treffen soll demnach bereits am 11. August stattgefunden haben, wurde jetzt allerdings erst bekannt. Gegenüber dem MDR räumte Witschas ein, dass es einen Besuch durch Kühn gegeben hat. Zur genauen Art und Dauer wollten sich aber weder der Vizelandrat noch Kühn auf Nachfrage zunächst äußern. Etwas redseliger war da schon die Arbeitsstelle von Witschas, das Landratsamt Bautzen. Einem Referenten zufolge habe der NPD-Kreisvorsitzende einfach »an der Tür des Vize-Landrates geklopft«, nachdem er es zuvor erfolglos bei Landrat Michael Harig (CDU) probiert habe, äußerte er sich gegenüber dem MDR.

Kühn habe Witschas darüber informieren wollen, dass Wruck nicht mehr NPD-Kreischef ist. Weitere Dinge seien nicht besprochen worden. Ob dies so stimmt, ist unklar. Kühn soll betont haben, seine Besuch sei als Privatperson erfolgt. Warum Witschas das Treffen mit dem NPD-Kreischef bisher verschwieg, obwohl er öffentlich bereits wegen des Treffens mit Wruck heftig in der Kritik steht, ist unklar.

Am Donnerstagnachmittag veröffentlichte Kühn überraschenderweise auf seiner Facebookseite eine Erklärung, in der er nun doch genauere Angaben zu dem Gespräch machte. Demnach hielt er sich etwa 45 Minuten im Landratsamt auf. »Natürlich gab es anfangs eine kurze Aussprache bezüglich des ehemaligen Kreisvorsitzenden Marco Wruck, jedoch gab es auch weitere Gesprächsthemen, zu welchen ich im gegenseitigen Einvernehmen mit den Vize-Landrat hier keine Stellung abgeben werde«, so Kühn.

Das Bekanntwerden dieses Treffens mit einem NPD-Vertreter könnte für den CDU-Politiker zeitlich kaum ungünstiger fallen: Am kommenden Montag will sich der Kreistag auf einer Sondersitzung mit der Causa Witschas beschäftigen. Auf der Tagesordnung steht dabei auch ein Abwahlantrag gegen den Vizelandrat, der von Linkspartei sowie der gemeinsamen Fraktion von SPD und Grünen gestellt wird. Witschas Glück: Trotz der immer neuen Skandale steht die CDU weiter hinter ihm, Landrat Harig -zugleich CDU-Fraktionschef im Bautzner Kreistag – machte bisher keine Anstalten, von seinem Stellvertreter abzurücken.

»Witschas hat nichts begriffen und ist beratungsresistent«, sagt dagegen die sächsische LINKEN-Politikerin Caren Lay. Über das Verhalten des Vizelandrats könne sie nur noch den Kopf schütteln. »Er hätte aus den Fehlern der Vergangenheit endlich lernen müssen und die viel geäußerte Kritik annehmen müssen«, so Lay. Sie erwartet von den Kreistagsfraktionen der CDU, FDP und Freien Wähler, dass diese auf der nächsten Sitzung für die Abwahl von Witschas stimmen.

Selbst Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ging vorsichtig auf Distanz zum ersten Beigeordneten des Landkreises Bautzen. Über das Treffen von Witschas mit Wruck Anfang August sagte Tillich dem Tagesspiegel: »Das ist überflüssig. Man braucht mit der NPD nicht über Deeskalationsstrategien zu reden.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.