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Dusche als Ideenquelle

Bruno Cathala baut als Spieleautor gern kleine Dilemmata ein

  • Lesedauer: 5 Min.

Bei der Preisverleihung für das »Spiel des Jahres« waren Sie sehr gerührt. Was ging Ihnen dabei so durch den Kopf?

Einige Etappen meines Weges dorthin, sonnige wie verhagelte. Anfangs war Spieleerfinden ein Hobby von mir. Ich bin eigentlich Ingenieur für Materialkunde. 2004 wurde ich aus wirtschaftlichen Gründen entlassen. Für einen neuen Job hätte ich sehr weit weg gehen müssen, aber ich war geschiedener Vater mit zwei kleinen Kindern. Die einzige Möglichkeit, in deren Nähe zu bleiben, bestand darin, etwas anderes zu suchen. Ich entschied mich, mein Hobby zum Beruf zu machen.

Und wie verlief der Einstieg?

Genau genommen zog der sich über zehn Jahr hin, und die waren wirklich hart. Einige meiner Spiele gewannen dann sogar Preise, trotzdem wurde keines ein Bestseller. Ich musste parallel verschiedene Nebenjobs annehmen. Meine Eltern und meine Freunde machten sich zu dieser Zeit wirklich Sorgen um mich. Und auch ich zweifelte immer wieder, ob meine Entscheidung die richtige war.

Mit dem Preis kam ja nun eine nachdrückliche Bestätigung.

Ja, der bedeutet viel für mich, ohne aber in Euphorie zu verfallen. Ich spüre eine tiefe Bestätigung, dass eben nicht alles vergeblich war.

Was bedeutet denn der deutsche Titel »Spiel des Jahres« in Frankreich, wo es ja den eigenen Spielepreis »As d’Or« gibt?

»Spiel des Jahres« ist alles andere als ein rein nationaler Preis. Er gilt längst als die wichtigste Auszeichnung für Brettspiele weltweit, unter Spieleautoren durchaus vergleichbar mit dem »Oscar« im Film. Was nicht heißen soll, dass er in den französischen Medien etwa so eine Rolle spielt. Aber das tut der »As d’Or« auch nicht. Spiele gelten in Frankreich nicht als kulturell bedeutsam. Aber ich denke, das ändert sich so langsam.

Ticken französische Spieler und Spieleautoren anders als die Deutschen?

Ich glaube, dass die direkte Interaktion bei Brettspielen in Frankreich eher geschätzt wird als in Deutschland. Wenn ich meine Prototypen einem deutschen Verlag vorstelle, kriege ich beispielsweise oft gesagt, dass deutsche Spieler es nicht mögen, wenn ihnen im Spiel etwas kaputt gemacht werden kann, das sie zuvor im Spiel aufgebaut haben. Auffallend ist auch, dass die Spielegrafiken in Frankreich und Deutschland sehr unterschiedlich aussehen.

Meinen Sie, dass diese nationalen Eigenarten bleiben?

Eher nicht, wenn man beobachtet, wie der gegenseitige Einfluss immer globaler und unabhängiger von nationalen Kulturen wird. Am Ende wird es wohl so sein, dass Unterschiede zwischen Brettspielen wesentlich mehr mit der Person des Autors zu tun haben als mit dem Ort, wo jemand lebt.

Spieleerfinder müssen ständig neue Ideen produzieren. Benutzen Sie bestimmte Kreativtechniken?

Die Ideen kommen einfach. Meistens wenn ich ganz andere Dinge mache, wie duschen oder mit dem Fahrrad in die Berge fahren. Schon bevor ich professioneller Autor wurde, hatte ich viel mehr Ideen, als ich zeitlich umsetzen konnte. Ich hoffe, das hält sich noch ein Weilchen.

Auffällig ist, dass einige Ihrer Spiele auf bekannten Konzepten basieren, nicht zuletzt, wie der Name schon andeutet, »Kingdomino«

Ja, das stimmt. Beispielsweise findet sich in meinem »Five Tribes« das Mancala wieder (eine Brettspielgattung, bei der zwei Spieler Spielsteine umverteilen, dt. »Bohnenspiel« - d.R.) , das Black Jack in »Noah« oder der Schwarze Peter in »Crazy Mistrigri«. Was ganz eigenständig Neues ist zwar eine höchst exzellente Sache, wenn es aber auf Bekanntem basiert, hilft es den Spielern, das Spiel leichter zu verstehen und die Regeln zu behalten.

Wie sah Ihr Entwicklungsansatz bei »Kingdomino« aus?

Meine ersten Ideen waren, dass jeder Spieler pro Zug genau ein Teil bekommt. Die Teile sollten zweigeteilt sein und Farben zeigen. Die Spieler sollten die Farben verbinden und so ihr eigenes Spielfeld bauen. An dieser Idee habe ich weitergearbeitet und ständig Dinge verbessert.

Welche Fragen haben Sie sich da vorgelegt?

Wie groß soll das Spielfeld werden? Wie viele verschiedene Farben sind am besten? Soll es ein abstraktes Spiel werden oder ein Thema bekommen?

Und wie lauteten die Antworten?

Eine war beispielsweise der Mechanismus, wie die Spieler ihre Teile wählen. Die gesamte Feinjustierung zog sich aber über viele Monate hin. Erst unmittelbar vor Drucklegung fiel mir dann noch eine spezielle Regel für zwei Spieler ein.

Und die lautet wie?

Wer das niedrigste und damit schlechteste Teil nimmt, darf zum Ausgleich in der kommenden Runde als Erster wählen. Solche kleinen Dilemmata mag ich.

Wie geht es mit »Kingdomino« nach dem Spiele-Oscar wohl weiter?

Schon vor der Auszeichnung hatte ich gespürt, wie sehr mich dieses Spielsystem selber fasziniert. Die nächsten Projekte sind »Queendomino«, eine Abwandlung für alle, die es etwas strategischer mögen, und »Kid-Domino«, eine vereinfachte Version für Kinder.

Was empfehlen Sie Autoren, die Spieleerfinden zu ihrer Profession machen wollen?

Einfach den Job kündigen und dann ins kalte Wasser springen ist hoch riskant. Von der ersten Idee bis zum fertigen Spiel können locker bis zu drei Jahre vergehen. Und dann dauert es noch einmal Monate, bis das erste Honorar kommt. Also: Spiele zunächst hobbymäßig in der Freizeit erfinden. Erst wenn das wirklich gut läuft, kann man sich irgendwann überlegen, es in Vollzeit zu machen.

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