Mehr Geld, aber noch nicht genug
Zehn von zwölf Bezirken haben ihre Doppelhaushalte 2018/2019 verabschiedet
Bis zu 1,5 Millionen Euro werden die Bezirke aus eigenen Mitteln aufbringen müssen, um im künftigen Doppelhaushalt 2018/2019 tatsächlich 20 Prozent aller Musikschullehrer fest anstellen zu können. So wie es im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde. Davon geht die Friedrichshain-Kreuzberger Finanzstadträtin Clara Herrmann (Grüne) aus. »Allein in unserem Bezirk müssen wir rechnerisch 8,2 Stellen schaffen, um die geforderte Quote zu erfüllen«, sagte Herrmann in dieser Woche vor der Verabschiedung des Haushalts in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg. »Ein richtiges Budget haben wir von Landesebene aber nur für vier Stellen zugewiesen bekommen«, beklagt die Finanzstadträtin. Seit Monaten streiten sich Bezirke und der Finanzsenator um die richtige Stellenzahl, um das rot-rot-grüne Koalitionsversprechen einzulösen (»nd« berichtete).
Für die Bezirke sind auch solche Summen viel Geld. Zwar hat der Friedrichshain-Kreuzberger Haushalt allein 2018 ein Volumen von 690 Millionen Euro, allerdings ist der Löwenanteil durch Pflichtausgaben gebunden. »Nur etwa zehn Prozent der Summe sind vom Bezirk steuerbar«, so Herrmann. Viel davon wird in neues Personal gesteckt, um die Aufgaben besser bewältigen zu können. Die Grünen-Politikerin kritisierte, dass in den Stellenzuweisungen des Senats an die Bezirke pauschal von 50 000 Euro Ausgaben pro Jahr ausgegangen wird. Das reicht nach dem Abzug von 5000 Euro Sachkosten für einen Monatslohn um die 2600 Euro. »Finden Sie mal dafür einen Bauingenieur oder Architekten«, sagte sie. Trotzdem werde der Bezirk über 100 zusätzliche Stellen schaffen.
Allerdings wurde diese Pauschalsumme von 50 000 Euro jährlich pro sogenanntes Vollzeitäquivalent gemeinsam von den Bezirksbürgermeistern in der Arbeitsgruppe Ressourcensteuerung erst im April beschlossen.
Die zum Teil unrealistisch niedrigen Ansätze für die nötigen zusätzlichen Stellen sind in den Augen des Lichtenberger Bezirksbürgermeisters Michael Grunst (LINKE), der auch die Finanzen verantwortet, nicht so ein Problem: »Letztlich ist das nur eine grobe Berechnungshilfe.« Auch in Lichtenberg sollen über 100 Stellen neu geschaffen werden. »Die Suche nach Bauingenieuren oder auch Sozialarbeitern gestaltet sich sehr schwierig«, sagt Grunst. Noch im Juli trieb ihn der Senatsplan um, die Schulsanierung in privatrechtliche Gesellschaften auzugliedern. Doch inzwischen gab es auch zu diesem Thema eine Einigung, mehrere Bezirke werden wohl zusammenarbeiten – ohne Ausgliederung. »Wir sind gut in Sachen Schulsanierung. Wir können das«, ist Grunst überzeugt. In Lichtenberg ist der Haushalt am Donnerstag ohne Gegenstimmen verabschiedet worden. Allein für 2018 beträgt das Volumen 890 Millionen Euro.
Ärger gab es bei den Haushaltsberatungen in Neukölln. Einen Tag vor Beschlussfassung in der BVV am Mittwoch offenbarte Jugend- und Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) ein prognostiziertes Haushaltsdefizit von 4,1 Millionen Euro in seinem Bereich. »Sollte sich dieses Defizit bewahrheiten«, empört sich SPD-Fraktionschef Martin Hikel, »sind sämtliche politische Schwerpunktsetzungen in Neukölln gefährdet. Nach eigener Aussage hielt er es nicht für notwendig den Bezirk zu informieren.«
Auch sieben weitere Bezirksverordnetenversammlungen haben inzwischen ihre Haushalt beschlossen, Pankow sogar schon am 13. September. Treptow-Köpenick wird ihn am Dienstag verabschieden und Spandau am Mittwoch. Das ist auch der Stichtag, an dem die Pläne Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) vorliegen müssen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.