Senat will Opferhilfe ausbauen

Nach homofeindlichem Übergriff auf Oranienplatz: Rot-Rot-Grün stärkt Beratungsangebote für lesbische Frauen

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit Regenbogenfächern standen rund 30 Menschen am Montagabend am Oranienplatz. Monika Herrmann, grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hatte eine Regenbogenflagge wie einen Rock um ihre Beine gewickelt. Ihre Fraktion hatte den kurzfristig anberaumten Protest initiiert. Auslöser: Ein besonders brutaler Übergriff auf einen schwulen Mann am vergangenen Freitagabend. Der Radfahrer war am Oranienplatz laut Polizei mit zwei Unbekannten in Streit geraten, weil er mit seinem Fahrrad ihrem ungünstig abgestellten Auto ausweichen musste.

Daraufhin beleidigten die beiden den Mann homophob. Er bestätigte, schwul zu sein, woraufhin die Angreifer ihn niederschlugen. Als der Mann am Boden lag, kam noch ein dritter Angreifer dazu und trat mit den beiden gemeinsam auf den 42-Jährigen ein. Die Angreifer entkamen unerkannt.

Sebastian Walter, queerpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus sagte dazu dem »nd«: » Wir haben das Gefühl, dass Übergriffe auf Homosexuelle zunehmen, seit im Frühjahr eine lesbische Frau am Alexanderplatz angegriffen wurde.« Eine 24-Jährige war brutal zusammengeschlagen worden und hatte einen Kieferbruch sowie Verletzungen am Kopf und im Gesicht erlitten.

Auch der 42-jährige Radfahrer, der am vergangenen Freitag überfallen worden war, kam mit Verletzungen am Kopf ins Krankenhaus. »Der Vorfall war besonders krass und gewalttätig«, sagte Walter zu der Tat. Er nahm an der Protestkundgebung am Montagabend teil, unter anderem, um deutlich zu zeigen: »Das darf nicht schleichend zur Normalität werden.«

Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte sich in einer Mitteilung zu dem Vorfall geäußert: »Eine solche Attacke betrifft immer uns alle. Es darf in Berlin keinen Raum für Diskriminierung und Gewalt geben, in unserer Stadt verteidigen wir Vielfalt, Respekt und die Freiheit im gesellschaftlichen Miteinander.«

Bei Worten und symbolischen Akten soll es aber nicht bleiben. Bereits im Koalitionsvertrag hatten Rot-Rot-Grün angekündigt: »Die Koalition wird die Strukturen der Opferhilfe und der Gewaltprävention für alle LSBTTIQ*-Gruppen bedarfsgerecht ausbauen.« Der Senat wolle außerdem »dafür sorgen, dass lesbische Projekte nicht im Hintergrund bleiben« und lesbische Sichtbarkeit erhöht werde.

Konkret plant der Senat, mit dem kommenden Doppelhaushalt ab 2018 das Projekt L-Support stärker zu fördern. Die Opferhilfe für gewaltbetroffene lesbische, bisexuelle und queere Frauen in Berlin wird bislang lediglich ehrenamtlich geleitet. Eine Telefonhotline für Beratung und Unterstützung bei Übergriffen ist lediglich einmal pro Woche für zwei Stunden besetzt. Ein analoges Projekt für Männer, Maneo, ist immerhin täglich für zwei Stunden erreichbar. Für eine Hotline, die sich »Überfalltelefon« nennt, ist das noch immer wenig.

Laut dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg ist die Gewaltbereitschaft gegen Homosexuelle in Berlin anhaltend hoch. Die meisten Vorfälle passieren in innerstädtischen Bezirken. Für das Jahr 2016 zählte Maneo 291 homo- oder transfeindliche Gewalttaten. Das waren 40 Übergriffe mehr als im Jahr 2015. Die Dunkelziffer liegt nach Schätzungen des Anti-Gewalt-Projekts noch wesentlich höher.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.