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Wenn der Rettungsdienst selbst zum Notfall wird
ver.di und LINKE kritisieren die massive steigende Arbeitsbelastung - nicht nur im Saarland
Saarbrücken. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert Entlastungen für die Mitarbeiter im saarländischen Rettungsdienst. »Die Belastungen der Beschäftigten steigen seit Jahren, da auch das Einsatzaufkommen jedes Jahr größer wird«, sagt Frank Fuchs, Vorsitzender der ver.di-Landesfachkommission Rettungsdienst im Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland. Deswegen verlange ver.di unter anderem eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeiten, die im Rettungsdienst in vielen Bereichen immer noch 47 Stunden pro Woche betrügen. Zudem sollten die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, mit Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Rettungsdienst auszuscheiden – so wie dies bei Polizei und Feuerwehr seit langem üblich sei.
Die Arbeitsbelastung der Beschäftigten im Rettungsdienst hatte jetzt auch der LINKEN-Abgeordnete Dennis Lander zum Thema einer Anfrage an den Landtag gemacht. »Viele Mitarbeiter stehen total unter Druck und hatten sich an uns gewandt«, sagte Lander im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. »Die Arbeitsbelastungen sind für sie mindestens genauso hoch wie bei der Polizei, deshalb wollten wir konkrete Zahlen zur Situation haben.«
Laut Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar wurden 2016 insgesamt 6895 Überstunden und 22.196 Mehrarbeitsstunden geleistet. Ihnen stehen knapp 1,3 Millionen Personalstunden gegenüber.
»Überstunden im Rettungsdienst können, wie auch in anderen Arbeitswelten, auf Grund von nicht planbaren Begebenheiten, wie zum Beispiel unerwartetem Personalausfall oder nicht vorhersehbarem Arbeitsaufkommen nicht gänzlich ausgeschlossen werden«, teilte eine Sprecherin des Saarländischen Innenministeriums auf Nachfrage mit. »Dennoch werden die Ursachen für angefallene Überstunden analysiert, um bei entsprechenden Tendenzen rechtzeitig Maßnahmen zur Reduzierung oder Vermeidung einzuleiten.«
Die Landesfachkommission von ver.di schaut dennoch mit Besorgnis in die Zukunft ihrer Beschäftigten und des Rettungsdienstes im Saarland – vor allem mit Blick auf das neue Rettungsdienstgesetz, in dem geplant sei, dass der Rettungsdienst im Saarland durch Ausschreibungen vergeben werden solle. »Es ist ungemein wichtig, dass darauf verzichtet wird«, sagt Fuchs. »Falls der Gesetzesentwurf in der vorliegenden Form umgesetzt wird, steigert dies den Druck auf die Beschäftigten erheblich, da der günstigste Anbieter bei der Vergabe des Rettungsdienstes die besten Chancen auf den Zuschlag hat. Und Kosten werden nach unserer Erfahrung immer zuerst bei den Beschäftigten eingespart.« Das hätten auch die Erfahrungen aus anderen Bundesländern gezeigt.
Schon jetzt seien die Belastungen für die Mitarbeiter – vor allem für die Älteren – enorm. Eine Erhebung der ver.di-Landesfachkommission Rettungsdienst Rheinland-Pfalz-Saarland 2014 habe gezeigt, dass nur etwa 1,3 Prozent der Beschäftigten über 60 Jahre in der Lage seien, Einsatzdienst zu verrichten. Die Situation werde sich weiter zuspitzen. Denn durch die Altersstruktur der Belegschaften seien in den kommenden 10 bis 20 Jahren viele der jetzigen Mitarbeiter über 55 Jahre alt. »Sollte ein großer Teil dieser Beschäftigtengruppe aufgrund von Krankheit ausfallen, worauf die aktuellen Statistiken hindeuten«, so ver.di in der Stellungnahme zum Gesetzesentwurf, »ist die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes gefährdet.« Der Gesetzgeber solle entsprechende Vorsorge treffen, damit keine Versorgungslücken entstünden. dpa/nd
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