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Sicherheitsgesetz löst Ausnahmezustand ab
Macron setzt sich über Bedenken hinweg und stärkt polizeiliche Kompetenzen auf Kosten der Justiz / Überwachung wird ausgeweitet
Das »Gesetz zur Stärkung der inneren Sicherheit«, das den Ausnahmezustand ablösen soll, wurde am Dienstag in der Nationalversammlung abschließend diskutiert. Die Abstimmung fand bis zum Redaktionsschluss nicht statt, doch angesichts der deutlichen Parlamentsmehrheit der Regierungspartei En Marche besteht kein Zweifel an der Annahme des Gesetzes.
Der Ausnahmezustand, der am 13. November 2015 unmittelbar nach dem Terroranschlag auf den Konzertsaal Bataclan eingeführt und seitdem sechsmal durch das Parlament verlängert wurde, läuft am 1. November aus. Eine neuerliche Verlängerung wollte die Regierung nicht beantragen. Stattdessen schreibt sie wesentliche Elemente des Ausnahmezustandes in dem neuen Sicherheitsgesetz fest und macht sie so zum juristischen Normalzustand.
Das Gesetz erweitert die Kompetenzen von Behörden und Polizei auf Kosten der Justiz. So kann das Innenministerium künftig »jede Person, bei der es ernsthafte Gründe zur Annahme gibt, dass ihr Verhalten eine Gefahr für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung darstellt« mit zeitlich unbegrenztem Hausarrest belegen. Das Abhören von Wohnungen und Autos sowie Hausdurchsuchungen sind zu jeder Tages- und Nachtzeit und ohne richterliche Anordnung möglich, sobald »ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, dass sich dort Personen befinden, deren Verhalten eine Gefahr für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung darstellt.« Nach bisherigem Recht mussten konkrete Aktivitäten in diese Richtung vorliegen.
Polizei und Staatsanwaltschaft können künftig ohne richterliche Genehmigung Telefone abhören, Personen und Orte per Video überwachen sowie Internetverkehr abfangen und aufzeichnen. Ferner dürfen - abweichend vom Schengen-Ankommen - nicht nur an den Grenzen, sondern auch im Umkreis von 20 Kilometern um Bahnhöfe und Flughäfen Personenkontrollen auch ohne konkrete Verdachtsmomente durchgeführt werden.
Kritik an den Plänen kam aus unterschiedlichsten Richtungen, zunächst im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, und nun auch in der Nationalversammlung. Den rechtskonservativen Republikanern geht das Gesetz immer noch nicht weit genug. Sie fordern, alle des Terrorismus verdächtigen Personen auch ohne Urteil zu inhaftieren und diejenigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit umgehend in ihre Heimat abzuschieben. Solange sich die Regierung nicht zu einem solchen entschlossen Handeln durchringen könne, müsse der Ausnahmezustand weiter verlängert werden, so die Republikaner. Dagegen üben die Linken - die Bewegung La France insoumise, die Kommunisten der PCF und die Sozialisten der PS - vor allem Kritik an den massiven Eingriffen in die Grundrechte der Bürger. Sie sprachen von Verletzung der Privatsphäre und von Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, ohne dass die Justiz überprüfen könne, ob ergriffene Maßnahmen berechtigt, sinnvoll und verhältnismäßig seien.
Bis zuletzt gab es auch massive Kritik von Organisationen aus der Zivilgesellschaft wie der Liga der Menschenrechte, Amnesty International und Human Rights Watch. Sie verwiesen darauf, dass Frankreich mit diesem wie bereits mit den vorangegangenen Sicherheitsgesetzen gegen internationale Menschenrechtsabkommen verstoße, die das Land vor Jahrzehnten eingegangen sei. Dies beträfe die Religionsfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit. Amnesty International brachte es auf den Punkt mit der Feststellung, dass »das Gesetz sein Ziel verfehlt, einen Weg in die Normalität zurück zu finden« und dass es sogar im Gegenteil »den Ausnahmezustand normalisiert«.
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